1. Kein weitergehender Anspruch

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 2.218,64 EUR aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über die anwaltliche Vertretung der Beklagten i.V.m. §§ 2 ff. RVG.

Insgesamt stand der Klägerin ein Vergütungsanspruch i.H.v. 7.279,23 EUR zu, welcher durch die unstreitig bereits erfolgte Zahlung i.H.v. insgesamt 7.401,21 EUR vollständig erloschen ist, § 362 Abs. 1 BGB.

2. Vergütung Scheidungsverfahren

Der Vergütungsanspruch der Klägerin für das Ehescheidungsverfahren belief sich auf insgesamt 7.279,23 EUR und berechnet sich – unangegriffen – wie folgt:

 
 
1. 1,3-Verfahrenswert, Nr. 3100 VV 1.316,90 EUR  
  (Wert: 38.756,80 EUR)    
2. 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr, Nr. 3101 Nr. 2 VV 1.134,40 EUR  
  (Wert: 84.328,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG 2.064,40 EUR
  nicht mehr als    
  1,3 aus 123.084,80 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 1.905,60 EUR
  (Wert: 123.084,80 EUR)    
4. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1003, 1000 VV 354,00 EUR  
  (Wert: 5.158,80 EUR)    
5. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV 2.127,00 EUR  
  (Wert: 84.328,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG 2.127,00 EUR
  nicht mehr als    
  1,5 aus 89.486,80 EUR    
6. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 6.117,00 EUR  
7. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 1.162,23 EUR
  Gesamt 7.279,23 EUR

3. Kein Anspruch auf Geschäftsgebühr

Einen darüber hinausgehenden Vergütungsanspruch kann die Klägerin hingegen nicht mit Erfolg geltend machen. Insbesondere hat sie keinen Anspruch auf Zahlung der Geschäftsgebühr i.H.v. insgesamt 2.994,04 EUR.

Maßgeblich ist im Ausgangspunkt, dass zu dem Zeitpunkt der Auftragserteilung hinsichtlich der Themen Kindes- und Trennungsunterhalt, nachehelicher Unterhalt, Zugewinnausgleich und gemeinsame Immobilie zwischen den Parteien bereits ein Vertrag zur gerichtlichen Vertretung im anhängigen Scheidungsverfahren bestand. Bei der hier unstreitig erfolgten Beauftragung zur Geltendmachung weiterer, nicht rechtshängiger, Ansprüche bleibt für die Entstehung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV nur dann Raum, wenn es sich nicht um eine Erweiterung des bereits erteilten Prozessauftrags handelt (vgl. z.B. BeckOK RVG/v. Seltmann, 55. Ed. 1.9.2021, § 19 Rn 12; HK-RVG/Johannes Ebert, 8. Aufl., 2021, RVG § 19 Rn 28, jeweils m.w.N.).

Davon, dass es sich nicht um eine solche Erweiterung handelt, konnte die nach allgemeinen Regeln darlegungs- und beweisbelastete Klägerin die Kammer nicht überzeugen. Diese geht vielmehr davon aus, dass § 19 RVG anwendbar ist, weil die nicht anhängigen Familiensachen im gerichtlichen Verfahren als Annex in einem Vergleich mitzuregeln sein sollten – wie dies letztlich auch geschehen ist.

Wie das FamG zutreffend ausführt, kann alleine aus dem Umstand, dass die Beklagte um eine "außergerichtliche Einigung" mit ihrem Mann bat, eine isolierte außergerichtliche Beauftragung nicht entnommen werden. Denn insoweit hat die Beklagte aus ihrer Sicht lediglich zum Ausdruck gebracht, die betreffenden Fragen nicht streitig durch ein Gericht, sondern im Wege einer einvernehmlichen Lösung klären zu wollen.

Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung der Kammer aber auch nicht unter Berücksichtigung der E-Mails der Klägerin an die Beklagte. Hierin ist zwar zwischen "reines Scheidungsverfahren" und "(bisher nur) außergerichtliche Tätigkeit" bzw. "Scheidungsverfahren" und "Außergerichtliche Tätigkeit (Zugewinnausgleich/Trennungsunterhalt/Kindesunterhalt)" getrennt worden und die Beklagte hat der Klägerin zeitlich im Nachgang zu diesen E-Mails den Auftrag erteilt, auch hinsichtlich der nicht rechtshängigen Themen für sie tätig zu werden. Zu berücksichtigen ist aber, dass eine außergerichtliche Einigung wegen § 1585c BGB vor Rechtskraft der Scheidung nur dann Wirksamkeit erlangt hätte, wenn die Einigung notariell beurkundet worden wäre. Dass die Parteien zu keinem Zeitpunkt den Willen hatten, eine etwaig erzielte außergerichtliche Einigung zwischen der Beklagten und ihrem damaligen Ehemann notariell beurkunden zu lassen, ist unstreitig. Alternativ zur notariellen Beurkundung wäre lediglich eine die notarielle Form ersetzende gerichtliche Protokollierung nach § 127a BGB in Betracht bekommen. Dieser Weg ist letztlich auch gewählt worden.

Dass die Beklagte der Klägerin eine Vollmacht u.a. zur außergerichtlichen Vertretung erteilt hat, steht zu diesem Ergebnis nicht in Widerspruch. Abgesehen davon, dass es sich bei dieser Vollmacht um ein standardmäßig verwendetes Formular der Klägerin handeln dürfte, gehört die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 RVG zum Rechtszug, wenn sie von dem Auftrag mitumfasst ist. Eine entsprechende Bevollmächtigung ist daher für eine interessengerechte Vertretung grds. erforderlich.

Schließlich steht der bloßen Erweiterung des Prozessauftrags um die nicht rechtshängigen Themen auch nicht entgegen, dass in dem Termin des Scheidungsverfahrens – unstreitig – nicht über die Einigung verhandelt worde...

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