Die Staatsanwaltschaft hatte den Sachverständigen T. mit der Erstattung eines Gutachtens zu der Frage des Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen der §§ 20, 21, 64 StGB beim Verurteilten beauftragt. Bei Auftragserteilung wurde der Sachverständige T. darauf hingewiesen, dass er sich seiner Mitarbeiter bedienen kann, wenn er bereit sei, die Verantwortung für den Inhalt des Gutachtens zu übernehmen. In dem von dem Sachverständigen erstellten Gutachten heißt es, dass die "ausführliche persönliche Untersuchung des Probanden in der JVA Nürnberg durch B., B.Sc. Psychologie und den Referenten am 10.3.2021 und 19.3.2021 in der JVA Nürnberg über insgesamt 2 Stunden 45 Minuten" erfolgte. Die Kostenrechnung des Sachverständigen i.H.v. 5.342,51 EUR ist durch die Staatsanwaltschaft zur Zahlung freigegeben worden.

In einem Brief an seine Lebensgefährtin schilderte dann der Verurteilte u.a., dass das Gutachten "eine Frau B. und kein T." gemacht habe. Dieser habe lediglich ein paar Wochen später für "5 Minuten" mit ihm gesprochen und das nur "über den § 64 und nicht über meine Gedanken oder sonst etwas". Der Brief ist beschlagnahmt worden. Der Sachverständige T. wurde daraufhin aufgefordert mitzuteilen, ob während der Exploration über 2 Stunden 45 Minuten beide Sachverständige anwesend waren und wenn nicht, welche Befunde durch welchen Sachverständigen erhoben wurden. Der Sachverständige teilte mit, dass die Angaben des Verurteilten auf S. 31–50 des Gutachtens am 10.3.2021 gegenüber Frau B. in detaillierter Art und Weise gemacht und am 19.3.2021 ihm gegenüber in kompakter Form wiederholt worden seien.

Das LG hat sodann dem Sachverständigen T. in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger die weitere Gutachtenerstattung entzogen und einen anderen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt, da der Sachverständige gegen das Verbot der Delegation der Exploration an eine Hilfsperson verstoßen habe. Der Verurteilte ist dann mit inzwischen rechtskräftigem Urteil zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und Unterbringung in eine Entziehungsanstalt verurteilt worden. Das zunächst vom Sachverständigen T. angefertigte vorläufige schriftliche Gutachten fand weder in der Hauptverhandlung noch bei der Verurteilung Verwendung. Im Urteil hat das LG ausgeführt, dass es davon ausgehe, dass die bereits beglichenen Kosten des Gutachtens des Sachverständigen T. vom Sachverständigen zurückgefordert werden und daher nicht Teil der Verfahrenskosten werden, weshalb sie davon abgesehen hat, die Kosten der Staatskasse aus Billigkeitsgründen gem. § 465 Abs. 2 StPO aufzuerlegen.

Der Sachverständige T. ist zur Rückerstattung der beglichenen Kostenrechnung aufgefordert worden. Er hat in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass er, um die Justiz zu unterstützen und die Zeit bis zur Fertigstellung des Gutachtens auf eine zumutbare Frist zu begrenzen, Fachkräften die Mitarbeit an der Erstellung der Gutachten erlaubt habe. Dies sei in forensischen Instituten und Kliniken ein übliches Vorgehen. Er habe die gesamten schriftlichen Gutachtenstexte auf Richtigkeit überprüft und in jedem einzelnen Fall persönlich die Probanden exploriert. Er habe sich die Kernfragen der Exploration durch seine Mitarbeiterin notiert und diese danach in kürzerer Zeit mit dem Probanden besprochen. In seiner dazu abgegeben Stellungnahme hat der Verurteilte mitgeteilt, dass er mit dem Sachverständigen nicht in "Verbindung mit dem Gutachten" gesprochen habe. Dieser habe ihn nur für 5 Minuten in der JVA besucht und mitgeteilt, dass er den § 64 StGB befürworte. Die Begutachtung habe Frau B. gemacht.

Der Bezirksrevisor hat daraufhin beantragt, die Vergütung des Sachverständigen T. gem. § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG auf 0,00 EUR festzusetzen.

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