Die nach §§ 464b Abs. 4, 311 StPO, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Richtern entscheidet (OLG Karlsruhe NStZ-RR 2000, 254 [= AGS 2000, 132]; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2012, 160 [= AGS 2013, 40]) hat auch in der Sache Erfolg.

1. Zutreffend ist der Rechtspfleger zunächst davon ausgegangen, dass der Nebenklägervertreter die Verfahrensgebühr aus Nr. 4143 VV nach §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 RVG nur einmal erhält. Denn seine Tätigkeit zur Durchsetzung der Schadens- und Schmerzensgeldansprüche der drei von ihm vertretenen Nebenkläger hat er im Rahmen desselben Adhäsionsverfahrens erbracht. Er ist deshalb in derselben Angelegenheit i.S.v. §§ 7, 15 RVG tätig geworden (OLG Stuttgart NStZ-RR 2015, 128 [= AGS 2015, 73]; OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.2.2009 – 2 Ws 8/09 [= AGS 2009, 325]; Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., Nr. 4143 VV Rn 7 m.w.N.).

Für die Entscheidung der Frage, ob eine oder mehrere Angelegenheiten i.S.v. §§ 7 und 15 RVG vorliegen, ist zur Vermeidung von Bewertungswidersprüchen nämlich allein auf zivilrechtliche Maßstäbe abzustellen (OLG Stuttgart, a.a.O.). Danach ist im Fall der objektiven oder subjektiven Klagehäufung, also auch dann, wenn ein Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren die Klagen mehrerer Kläger vertritt, in aller Regel nur eine Angelegenheit gegeben. Denn in diesem Fall geht die anwaltliche Tätigkeit regelmäßig auf einen einheitlichen Auftrag zurück, hält sich in demselben Rahmen, und zwischen den Handlungen des Rechtsanwalts besteht ein innerer Zusammenhang (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.). Hiervon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen, in dem die Adhäsionsanträge der drei Nebenkläger auf demselben Lebenssachverhalt beruhen.

2. Obwohl der Nebenklägervertreter in nur einer Angelegenheit tätig wurde, handelt es sich bei den Ansprüchen der drei Nebenkläger aber um drei verschiedene Gegenstände i.S.v. §§ 22 ff. RVG. Denn für den Gegenstandsbegriff ist allein auf die wirtschaftliche Identität abzustellen, die bei der Vertretung mehrerer Auftraggeber nur dann vorliegt, wenn der Rechtsanwalt für diese Auftraggeber wegen desselben Rechts oder Rechtsverhältnisses tätig wird und sie insoweit eine Rechtsgemeinschaft oder eine dieser gleichgestellte Gemeinschaft bilden (Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Nr. 1008 VV Rn 135). Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil den Nebenklägern das von ihnen im Adhäsionsverfahren geltend gemachte Recht jeweils allein zusteht (OLG Brandenburg, a.a.O.). Zutreffend hat der Rechtspfleger daher die Gegenstandwerte für die Klagen der drei Nebenkläger nach § 22 Abs. 1 RVG addiert und die Summe zur Bemessung der Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV herangezogen (OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Brandenburg, a.a.O.; Burhoff/Volpert, a.a.O., Nr. 4243 VV Rn 31).

3. Die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV ist jedoch nicht angefallen. Zwar kommt diese grds. in Betracht, wenn der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber vertreten hat. Nach Abs. 1 und 2 der Anm. zu Nr. 1008 VV ist dies bei Wertgebühren – wie bei der vorliegend in Frage stehenden Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV – im Unterschied zu Fest- und Rahmengebühren jedoch nur der Fall, wenn darüber hinaus derselbe Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit vorliegt und die verschiedenen Auftraggeber daran gemeinschaftlich beteiligt sind (vgl. Burhoff/Volpert, a.a.O., Teil A, Rn 1533). Hiervon ist vorliegend jedoch nicht auszugehen, weil – wie soeben ausgeführt – die drei Klagen der drei Nebenkläger unterschiedliche Gegenstände i.S.d. RVG darstellen, deren Werte nach § 22 Abs. 1 RVG zu addieren sind (so auch: OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.). Bereits hierdurch erfährt die Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV unter dem Gesichtspunkt der Vertretung mehrerer Auftraggeber in derselben Angelegenheit eine Erhöhung, sodass eine weitere Erhöhung durch Zubilligung einer Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV auch nicht sachgerecht erscheint.

4. Nach Maßgabe des Ausgeführten berechnen sich die notwendigen Auslagen der Nebenkläger in Bezug auf das Adhäsionsverfahren mithin wie folgt:

 
Praxis-Beispiel
 
2,0-Verfahrensgebühr, Nr. 4143 VV 3.176,00 EUR
(Wert: 117.530,70)  
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
50 Schwarz-Weiß-Kopien, 25,00 EUR
Nr. 7000 Nr. 1a) VV  
537 Schwarz-Weiß-Kopien, 80,55 EUR
Nr. 7000 Nr. 1a) VV  
Zwischensumme netto 3.301,55 EUR

Hinzuzusetzen sind die Gebühren und Auslagen, die der Nebenklägervertreter nach dem insoweit nicht angegriffenen und auch nicht zu beanstandenden Kostenfestsetzungsbeschluss für seine übrigen Tätigkeiten verlangen kann. Diese belaufen sich netto auf insgesamt 6.712,70 EUR, woraus sich eine Gesamtnettosumme von 10.014,25 EUR (= 6.712,70 EUR + 3.301,55 EUR) ergibt. Nach Addition der neunzehnprozentigen USt. aus dieser Summe i.H.v. 1.902,71 EUR ergibt sich somit ein von dem Angeklagten zu erstattender Gesamtbetrag von 11.916,96 EU...

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