Die nach § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 und 3 RVG zulässige Beschwerde, über die der Senat gem. § 33 Abs. 8 S. 2 RVG nach Übertragung durch den Einzelrichter entscheidet, ist begründet. Das VG hat die dem Prozessbevollmächtigten aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung zu Unrecht um weitere 386,75 EUR auf 940,70 EUR erhöht. Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist nicht zu beanstanden.

Die von dem Prozessbevollmächtigten den Klägern in Rechnung gestellte und von diesen beglichene Geschäftsgebühr mit einem Gebührensatz von 1,0 (Nr. 2300 VV) i.H.v. 650,00 EUR ist zur Hälfte auf die aus der Staatskasse zu gewährende Verfahrensgebühr mit einem Gebührensatz von 1,3 i.H.v. 435,50 EUR anzurechnen. Dies folgt aus der amtlichen Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV. Danach wird, soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 VV entsteht, diese Gebühr zur Hälfte, bei Wertgebühren jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet.

Soweit das VG in Anwendung von § 58 Abs. 2 RVG eine solche Anrechnung ablehnt, ist dem nicht zu folgen. Nach § 58 Abs. 2 RVG sind in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 VV bestimmen, Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, zunächst auf die Vergütungen anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 RVG besteht. Die Vorschrift des § 58 Abs. 2 RVG bestimmt lediglich die Reihenfolge, in der Vorschüsse und Zahlungen auf den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts anzurechnen sind. Die Zahlungen sind zunächst auf den Teil seiner Vergütung zu verrechnen, der geringer gesichert ist, weil ihm kein Entschädigungsanspruch gegen die Staatskasse entspricht. Eine Aussage über die Entstehung und die Höhe der jeweils zustehenden Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis trifft die Vorschrift hingegen nicht. Daran hat auch die Einfügung des § 15a Abs. 1 RVG nichts geändert. Sieht das Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere vor, kann nach dieser Vorschrift der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. Mit dieser Vorschrift, die allein das Innenverhältnis des Rechtsanwalts zu seinem Auftraggeber betrifft, werden zwar die Modalitäten der nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorzunehmenden Anrechnung einer Gebühr auf eine andere dadurch verändert, dass nunmehr beide Gebühren zunächst als in voller Höhe entstanden anzusehen sind, der dem Rechtsanwalt aus den beiden Gebühren zustehende Gesamtbetrag aber zugleich der Höhe nach gedeckelt wird. Die Vorschrift des § 58 Abs. 2 RVG verhält sich demgegenüber weder zur Höhe der dem Rechtsanwalt insgesamt zustehenden Vergütung noch dazu, wie mit Anrechnungsbeträgen i.S.d. § 15a RVG zu verfahren ist, sondern beschäftigt sich nur mit der Zuordnung von Vorschüssen und Zahlungen auf die zustehende Vergütung. Es handelt sich somit um zwei voneinander zu trennende Regelungsbereiche. Dies lässt die in der Rspr. der Oberlandesgerichte verbreitete Auffassung, wonach der anzurechnende Teil der Geschäftsgebühr nach § 58 Abs. 2 RVG zunächst auf die Differenz zwischen der jeweils insgesamt im gerichtlichen Verfahren entstandenen Wahlanwaltsvergütung und der Prozesskostenhilfevergütung zu verrechnen sei (s. dazu OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.2.2014 – 18 W 93/13, juris Rn 5 f. m.w.N.), unberücksichtigt. Es erschließt sich nicht, aus welchem Grunde eine geleistete Zahlung des Mandanten bereits bei der Entstehung der Verfahrensgebühr und nicht erst im Rahmen der Tilgung Einfluss auf die Höhe des Anspruchs seines Prozessbevollmächtigten gegen die Staatskasse haben sollte (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 3.4.2013 – 13 OA 276/12, juris Rn 5; ebenso VGH Kassel, Beschl. v. 27.6.2013 – 6 E 600/13, juris 22 ff.; OVG Hamburg, Beschl. v. 19.2.2009 – 3 So 197/08, juris Rn 25 ff.).

Die gegenteilige Auffassung vermag auch deshalb nicht zu überzeugen, da sie – wie der vorliegende Fall zeigt – dazu führen kann, dass ein Rechtsanwalt die volle Geschäftsgebühr und eine ungekürzte Verfahrensgebühr erhält (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.5.2013 – 4 OA 306/12, juris Rn 3). Eine Reduzierung des Vergütungsanspruchs gegen die Staatskasse findet nach der Berechnungsmethode der Gegenansicht nur noch statt, wenn der Rechtsanwalt durch die Zahlungen des Mandanten und der Staatskasse insgesamt mehr erhalten würde als ihm als Wahlanwalt zugestanden hätte (vgl. das Berechnungsbeispiel von Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 58 Rn 48). In diesem Fall soll sich der Abzug auf den Differenzbetrag zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der Prozesskostenhilfevergütung beschränken. Die in Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorgeschriebene Anrechnungsregelung käme somit in diesen Fällen nicht zum Tragen.

Soweit die nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzu...

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