Der Entscheidung ist zuzustimmen.

a) Aus § 55 Abs. 5 S. 3 RVG ergibt sich, dass nur tatsächlich erfolgte Zahlungen vom beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt anzugeben sind.[1] Das ist konsequent, weil nur an den beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt tatsächlich gezahlte Gebühren für eine Anrechnung im Verhältnis zur Staatskasse nach § 58 RVG von Bedeutung sind.[2] Eine nicht vom beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt vereinnahmte Gebühr ist nicht anzurechnen und deshalb ist insoweit auch nichts anzuzeigen oder anzugeben. Ist insbesondere die nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV auf die Verfahrensgebühr anzurechnende Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV nicht an den Rechtsanwalt gezahlt worden, muss der Rechtsanwalt auch nicht mitteilen, ob er vorgerichtlich tätig war.

b) Auf welche Weise die gezahlte Geschäftsgebühr auf die aus der Staatskasse zu erstattende Verfahrensgebühr anzurechnen ist – unter Beachtung von § 58 Abs. 2 RVG oder unmittelbar nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV –, ist umstritten.[3] Teilweise wird aber darüber hinaus die unzutreffende Auffassung vertreten, dass es bei der Anrechnung der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV auch für den im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt nur darauf ankomme, ob die Geschäftsgebühr entstanden sei. Auf eine Zahlung könne nicht abgestellt werden.[4] Wenn der Gesetzgeber durch § 55 Abs. 5 S. 3 RVG zum Ausdruck bringt, dass auch hinsichtlich der Geschäftsgebühr nur die Anzeige einer tatsächlich erhaltenen Zahlung erforderlich ist, um dem Urkundsbeamten für die Festsetzung der Vergütung alle Daten zur Verfügung zu stellen, die er benötigt, um zu ermitteln, in welchem Umfang die Zahlungen nach § 58 Abs. 1 u. 2 RVG auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festzusetzende Gebühr zu behandeln sind, kann das systematisch nur so verstanden werden, dass auch bei der Anrechnung nur die gezahlte Geschäftsgebühr von Bedeutung sein soll. Außerdem lässt diese Auffassung unberücksichtigt, dass die Anrechnung der vom beigeordneten Rechtsanwalt außerhalb der PKH vereinnahmten Geschäftsgebühr nach allerdings umstrittener Auffassung nach § 58 Abs. 2 RVG zu beurteilen ist. Die tatsächlich gezahlte Geschäftsgebühr ist also zunächst auf die Vergütung anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur gem. § 50 RVG besteht. Vor diesem Hintergrund bleibt kein Raum für die Annahme, eine nicht vom beigeordneten Rechtsanwalt vereinnahmte, nur entstandene Geschäftsgebühr verringere unmittelbar den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse. Dadurch würde der beigeordnete Rechtsanwalt, der die Geschäftsgebühr erhalten hat, letztlich besser gestellt als der Rechtsanwalt, an den sie nicht gezahlt worden ist.

c) Bei PKH ist die Staatskasse nicht dem Auftraggeber/Mandanten des Rechtsanwalts, sondern dem beigeordneten Rechtsanwalt selbst erstattungspflichtig (§ 45 RVG), sodass die Anwendung von § 15a Abs. 2 RVG insoweit ausscheidet, aber auch nicht erforderlich ist. Denn warum sollte sich die Staatskasse bei PKH nach § 15a Abs. 2 RVG auf die Titulierung einer anzurechnenden Gebühr berufen können, wenn die Titulierung dieser Gebühr sie gar nicht betreffen kann, sie also insoweit nicht der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme ausgesetzt ist?[5]

Teilweise wird statt § 15a Abs. 2 RVG im Verhältnis zur Staatskasse die Anwendbarkeit von § 15a Abs. 1 bejaht, weil die Staatskasse die Vergütung an Stelle bzw. neben dem Mandanten schuldet.[6] Die Beiordnung im Wege der PKH begründet ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis und eine bürgschaftsähnliche Verpflichtung der Staatskasse als Hilfsschuldnerin. Die Beiordnung enthält die Zusage, für die Zahlungsverpflichtungen der bedürftigen Partei gegenüber dem Rechtsanwalt bis zur Höhe der gem. § 49 RVG im Interesse der Schonung öffentlicher Kassen ermäßigten Gebühren einzustehen.[7]

Durch § 15a Abs. 1 RVG ist die Gebührenanrechnung daher insbesondere für alle die Fälle sichergestellt, in denen die Staatskasse sämtliche der aufeinander anzurechnenden Gebühren zu erstatten hat.

Joachim Volpert

AGS 7/2019, S. 343 - 350

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