Die Klägerin hat die beklagte Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung und vorsätzlichen Kapitalanlagebetrugs im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an einem geschlossenen Medienfonds auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Dabei hat sie die Zahlung des Anlagebetrages zuzüglich Agio (26.842,82 EUR) nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Anlagezeitpunkt Zug um Zug gegen Abtretung ihres Kommanditanteils begehrt und die Freistellung von einer anwaltlichen Gebührenforderung in Höhe von 1.419,19 EUR (Klageantrag zu 1). Daneben hat sie die Beklagte auf Zahlung entgangener Anlagezinsen in Höhe 12.390,35 EUR in Anspruch genommen (Klageantrag zu 2). Den Betrag der entgangenen Zinsen hat die Klägerin als gleich bleibenden Hundertsatz (4 % p.a.) der Anlagesumme nebst Agio errechnet. Zudem hat die Klägerin die Feststellung beantragt, dass die Beklagte sie von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen im Zusammenhang mit der Beteiligung freizustellen hat (Klageantrag zu 3).

Die Beklagte teilte dem Gericht mit, dass sich die Parteien auf einen Vergleich dahingehend geeinigt hätten, dass die Beklagte an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 40 % des Nominalbetrages der Beteiligung ohne Agio (10.225,84 EUR) zahlt, wobei von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs die Klägerin 76,95 % und die Beklagte 23,05 % zu tragen hat. Die Beklagte gab an, dass sich die Parteien auch auf den Streitwert und die daraus resultierende Kostenquote geeignet hätten. Der Gesamtstreitwert betrage 44.346,08 EUR, wobei auf den Klageantrag zu 1) 26.842,82 EUR, auf den Klageantrag zu 2) 12.390,35 EUR und auf den Klageantrag zu 3) 5.112,91 EUR (20 % der Nominalbeteiligung) entfielen.

Nachdem die Klägerin gegenüber dem LG ihr Einverständnis mit dem mitgeteilten Vergleich erklärt hatte, hat das LG das Zustandekommens dieses Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt und den Streitwert auf "bis 45.000,00 EUR" festgesetzt.

Gegen die Streitwertfestsetzung hat der Klägervertreter "namens und im Auftrag der hinter der klagenden Partei stehenden Rechtsschutzversicherung" Beschwerde eingelegt, mit der er die Herabsetzung des Streitwertes um den für die entgangenen Anlagezinsen (Klageantrag zu 2) berücksichtigten Betrag (12.390,35 EUR) begehrt. Nach der höchstrichterlichen Rspr. stelle ein solcher Zinsschaden eine Nebenforderung dar, die den Streitwert der Hauptsache nicht erhöhe.

Die Beklagte hat die Streitwertfestsetzung verteidigt. Sie hält die Klägerin bereits nicht für beschwerdebefugt, weil der dem gerichtlichen Vergleich zugrunde gelegte Streitwert auf einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien beruhe. Dies sei als Verzicht auf eine Streitwertbeschwerde auszulegen. Zudem habe die zwischen den Parteivertretern getroffene Vereinbarung zur Höhe des Streitwertes den Vorgaben des BGH entsprochen. Der mit dem Klageantrag zu 2) begehrte entgangene Zinsgewinn sei keine Nebenforderung i.S.d. höchstrichterlichen Rspr., weil die Klägerin bereits unter dem Klageantrag zu 1) Zinsen aus der Hauptforderung begehrt habe; eine Nebenforderung i.S.d. § 4 ZPO könne aber nur einmal in Abhängigkeit zu Hauptforderung entstehen. Jedenfalls wären 60 % des sich aus dem Antrag zu 1) ergebenden Zinsbetrages als Hauptforderung streitwerterhöhend. Die Klägerin errechne nämlich diesen Zinsbetrag aus dem vollen Nominalbetrag nebst Agio, obwohl sie – unstreitig – ca. 60 % des Kapitals über Steuerersparnis und Ausschüttungen zurückerhalten habe. Damit bestehe in dieser Höhe bereits keine Hauptforderung, aus der Zinsen als abhängige Nebenforderung entstanden sein könnten.

Unter dem 20.2.2013 hat der Klägervertreter klargestellt, dass die Streitwertbeschwerde namens und im Auftrag der Klägerin eingelegt worden sei.

Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Durch die Mitteilung über die Einigung in Bezug auf den Streitwert und die unmissverständliche Verknüpfung mit der gerade daraus resultierenden Kostenquote hätten die Parteien ihren Willen zum Verzicht auf ein Rechtsmittel – vorliegend in Form der Streitwertbeschwerde – zum Ausdruck gebracht.

Die Beschwerde hatte Erfolg.

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