RVG § 3a

Leitsatz

Durch eine dem Mandanten ohne Unterschrift des Rechtsanwalts übermittelte Vergütungsvereinbarung, die der Mandant mit einer E-Mail annimmt, kommt eine Vergütungsvereinbarung gem. § 3a RVG wirksam zustande, weil nach dieser Vorschrift die Textform ausreicht.

LG Görlitz, Urt. v. 1.3.2013 – 1 S 51/12

1 Sachverhalt

Die Parteien streiten in der Berufung (nur) noch über die Berechtigung der Widerklage. Der Beklagte macht darin die Rückzahlung eines Betrages von 1.190,00 EUR geltend, den er auf eine – aus seiner Sicht unwirksame – anwaltliche Vergütungsvereinbarung für die Wahrnehmung eines Strafmandates gezahlt hat. Das AG hat die Widerklage als begründet angesehen. Die Berufung des Klägers richtet sich hiergegen.

Zum weiteren Sachverhalt wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils verwiesen. Zur Klarstellung ist noch anzumerken: Der Kläger hat die gesetzlichen Gebühren aus dem übernommenen Strafmandat über insgesamt brutto 1.026,85 EUR abgerechnet und nach Teilzahlungen des Beklagten sowie dessen Rechtsschutzversicherers klageweise noch 422,45 EUR geltend gemacht. Das AG hat der Klage stattgegeben; der Beklagte hat dies akzeptiert. Die Widerklage betrifft eine Vergütungsvereinbarung, die eine Vergütung neben den gesetzlichen Gebühren im strafrechtlichen Vorverfahren (Ermittlungsverfahren) vorsieht.

Das AG hat die Widerklage als begründet angesehen; es hat ausgeführt, der Vereinbarung mangele die gesetzlich vorgeschriebene Textform. Der Mitteilung des Beklagten, dass dieser den auf die Vergütungsvereinbarung geforderten Betrag bezahlt habe, könne die Annahme des Angebotes des Klägers durch den Beklagten nicht entnommen werden.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung wendet sich hiergegen. Mit ihr macht der Kläger geltend, das AG habe die Anforderungen an die Textform des § 3a RVG überspannt. In Anbetracht der unmissverständlichen Hinweise in dem Anschreiben v. 16.7.2010 und der beigefügten Vergütungsvereinbarung müsse die E-Mail des Beklagten v. 27.10.2010 als Annahmeerklärung gewertet werden. Auch die begleitenden Umstände machten dies deutlich. Jedenfalls habe das AG zu Unrecht ein Anerkenntnis sowie die Voraussetzungen des § 814 BGB (Rückforderungsausschluss bei Kenntnis) als nicht gegeben angesehen.

Der Beklagte verteidigt das amtsgerichtliche Urteil. Hilfsweise macht er geltend, dass eine Herabsetzung der Vergütung gem. § 3a RVG zu erfolgen habe.

2 Aus den Gründen

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Die Vergütungsvereinbarung zwischen Kläger und Beklagtem wurde wirksam geschlossen (nachfolgend zu 1.). Die Vergütung ist auch nicht unangemessen hoch (nachfolgend zu 2).

1. Der Beklagte hat das Angebot des Klägers auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung durch seine Mail vom 27.7.2010 "in Textform" angenommen; § 3a Abs. 1 RVG.

§ 3a RVG sieht für anwaltliche Vergütungsvereinbarungen, wie die vorliegende, (lediglich) die Textform vor. Danach genügt der wechselseitige Austausch von Angebot und Annahmeerklärung in Textform, wobei nach einhelliger Auffassung eine auf elektronischem Wege übermittelte, reproduzierbare Erklärung ausreichend ist. Erforderlich für die Einhaltung der Textform ist darüber hinaus lediglich, dass der Urheber der Erklärung kenntlich ist. In formaler Hinsicht genügen also die dem Beklagten (ohne Unterschrift des Klägers) übermittelte Vergütungsvereinbarung, wie auch die E-Mail des Beklagten vom 27.7.2010 der Textform.

Die E-Mail des Beklagten vom 27.7.2010 ist auch als Annahme des Angebotes auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zu verstehen.

Formbedürftige Willenserklärungen sind, wie alle Willenserklärungen, auszulegen. Dabei können außerhalb der Urkunde liegende Umstände jedenfalls dann mit berücksichtigt werden, wenn sie unstreitig bzw. bewiesen sind und der im Wege der Auslegung zu ermittelnde Sinn der Erklärung im Erklärungstext wenigstens "angedeutet" ist (Ellenberger, in: Palandt, 70 Aufl., Rn 19 zu § 133). Dabei ergibt sich hier: Der Kläger hatte in seinem vorangegangenen Anschreiben sowie im zugleich übersandten Text der Vergütungsvereinbarung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er den Betrag aus der Vergütungsvereinbarung als "Zusatzbetrag" zur gesetzlichen Vergütung versteht. Der Beklagte konnte also nicht dem Missverständnis erliegen, der Kläger berechne eine Art "Vorschuss". In Anbetracht der eindeutigen Formulierungen in Anschreiben und Vergütungsvereinbarung sowie des weiteren Umstandes, dass die sogleich übersandte Rechnung ausdrücklich auf die Vergütungsvereinbarung Bezug nimmt, stellt die Bezahlung der Vergütung durch den Beklagten und dessen nachfolgende schriftliche Mitteilung, dass die Bezahlung erfolgt sei und einer Tätigkeit des Klägers damit "nichts mehr im Wege" stehen "sollte" bei der gebotenen Auslegung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben eine Einverständniserklärung dar. Die Relativierung durch Verwendung des Wortes sollte und der Umstand, dass der Beklagte nicht – wie gefordert – die unterschriebene Vergütungsvereinbarung an den K...

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