Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch der Beklagten auf Befreiung von der eingegangenen Haftungsübernahme nicht verneint werden.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Vereinbarung sei nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Eine Überrumpelung der Beklagten im Verhandlungstermin könne nicht angenommen werden, weil ihr der Vereinbarungstext bereits per E-Mail vom 31.7.und 10.8.2006 übersandt worden sei. Die Klägerin habe daher davon ausgehen können, die Beklagte habe diesen Text bereits vor dem Verhandlungstermin zur Kenntnis genommen. Selbst wenn der Terminvertreter der Klägerin vor dem Verhandlungstermin zur Beklagten geäußert haben sollte, im Fall der Nichtunterzeichnung der Vereinbarung werde er nicht auftreten, könne hieraus eine Sittenwidrigkeit der Abrede nicht abgeleitet werden. Eine widerrechtliche Drohung alleine genüge nicht. Besondere Umstände, die das Geschäft nach seinem Gesamtcharakter als sittenwidrig erscheinen lasse, lägen im Hinblick darauf, dass beträchtliche Gebührenforderungen der Klägerin offenstanden und keine Aussicht auf eine Tilgung in absehbarer Zeit bestanden hätte, nicht vor. Auch habe die geschäftserfahrene Beklagte damit rechnen müssen, ihr würden die Dienstleistungen der Klägerin nicht dauerhaft ohne zwischenzeitlichen Ausgleich der Honoraransprüche zur Verfügung gestellt werden.

Auch könne die Beklagte nicht unter dem Gesichtspunkt eines Verschuldens bei Vertragsabschluss die Befreiung von der eingegangen Verbindlichkeit verlangen. Selbst wenn die Androhung einer Mandatsniederlegung im Falle der Nichtunterzeichnung der Haftungsübernahme unterstellt werde, fehle es an der Verwerflichkeit des Mittels, des Zwecks sowie der Mittel-Zweck-Relation. Angesichts der vorher erfolgten Ankündigung, eine Haftungsübernahme zu verlangen, der damit verbundenen Überlegungsfrist der Beklagten sowie des Umstandes, dass keine höheren Gebühren als die gesetzlichen gefordert worden seien, liege selbst bei Unterstellung der Ankündigung der Mandatsniederlegung vor dem Termin keine verwerfliche Mittel-Zweck-Relation vor. Es fehle an einer Zwangslage der Beklagten.

II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass auch bei der unterstellten Annahme, die Klägerin habe nicht im Vorfeld des Gerichtstermins vom 28.8.2006 auf eine Mandatsniederlegung hingewiesen, sondern erst anlässlich des Gerichtstermins mit der Niederlegung des Mandats gedroht, der Abschluss der Haftungsübernahme nicht nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig ist.

Eine – widerrechtliche – Drohung macht ein Rechtsgeschäft lediglich nach § 123 BGB anfechtbar; nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist es nur dann, wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Geschäft nach seinem Gesamtcharakter als sittenwidrig erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 7.6.1988 – IX ZR 245/86, WM 1988, 1156, 1158 f.; v. 17.1.2008 – III ZR 239/06, NJW 2008, 982; vgl. auch Urt. v. 23.2.1995 – IX ZR 29/94, WM 1995, 1064, 1068 u. v. 26.9.1995 – XI ZR 159/94, WM 1995, 1950 f. zur arglistigen Täuschung). Dies gilt auch für die Beurteilung einer in Aussicht gestellten Mandatskündigung durch den Rechtsanwalt (BGH, Urt. v. 4.7.2002 – IX ZR 153/01, NJW 2002, 2774, 2775; v. 4.2.2010 – IX ZR 18/09, BGHZ 184, 209). Solche besonderen Umstände konnte das Berufungsgericht im Rahmen einzelfallbezogener Erwägungen, insbesondere im Hinblick auf die Geschäftserfahrenheit der Beklagten und darauf, dass ihr der fragliche Vereinbarungstext bereits vier Wochen zuvor zugesandt wurde, verneinen. Auch die Revision wendet sich hiergegen nicht.

2. Nach gefestigter Rspr. begründet der Tatbestand einer rechtswidrigen Drohung oder arglistigen Täuschung außer der Anfechtungsmöglichkeit auch einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens beim Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB), der dem Bedrohten oder Getäuschten das Recht gibt, auch ohne Ausübung eines Gestaltungsrechts Befreiung von der eingegangenen Verbindlichkeit zu verlangen (BGH, Urt. v. 11.5.1979 – V ZR 75/78, NJW 1979, 1983 f.; v. 24.10.1996 – IX ZR 4/96, WM 1997, 77, 78; v. 3.2.1999 – VIII ZR 14/98, WM 1999, 1034, 1035; v. 18.9.2001 – X ZR 107/00, NJW-RR 2002, 308, 309 f.), sofern dem Betroffenen durch den Vertragsschluss ein Schaden entstanden ist (BGH, Urt. v. 26.9.1997 – V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2311 f.; v. 4.7.2002 – IX ZR 153/01, NJW 2002, 2774, 2775; v. 10.1.2006 – XI ZR 169/05, WM 2006, 377, 380). Auf einen derartigen Schadensersatzanspruch findet die Jahresfrist des § 124 BGB weder direkt noch entsprechend Anwendung (BGH, Urt. v. 18.9.2001, a.a.O.).

a) In der Ankündigung eines Rechtsanwaltes, das Mandat niederzulegen, um hierdurch eine günstigere Vergütungsabrede durchzusetzen, kann ausnahmsweise eine rechtswidrige Drohung liegen (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1978 – III ZR 53/76, AnwBl 1978, 227, 228 f.; D. Fischer in Zugehör/G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rink...

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