Eine Einigungsgebühr ist nicht angefallen. Die Einigungsgebühr entsteht nach der amtlichen Anmerkung zu Nr. 1003, 1000 Abs. 1 S. 1, 1. Hs. VV "für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird". Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Die Übereinkunft der Kindeseltern im Termin vor dem AG war von vornherein nicht geeignet, einen Streit oder die Ungewissheit der Beteiligten zu beseitigen. Zwar kann auch in Sorgerechtsverfahren grds. eine Einigungsgebühr entstehen. Dies hat der Gesetzgeber mit der Ergänzung der Anm. Abs. 5 zu Nr. 1000 VV durch S. 3 mit Wirkung ab 1.9.2009 bestätigt. Mit der Reform des anwaltlichen Vergütungsrechts und der Schaffung des Gebührentatbestandes nach Nr. 1000 VV war auch der Wille des Gesetzgebers verbunden, jegliche vertragliche Beilegung des Streits zu honorieren (BT-Drucks. 15/1971, 147, 204). Mithin kann also im Sorgerechtsverfahren im Falle eines wechselseitigen Nachgebens, wenn dies zur Grundlage der dann verfahrensabschließenden gerichtlichen Sorgerechtsentscheidung wird, eine Einigungsgebühr anfallen. Dies setzt jedoch voraus, dass ein streitiges Verfahren zwischen den Eltern geführt wird. Die überwiegende Ansicht, die auch nach der Neufassung der Anmerkungen zu Nrn. 1000, 1003, 1004 VV in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertreten wird, differenziert deshalb zwischen den verschiedenen Sorgerechtsverfahren. Während in Sorgerechtsverfahren nach § 1671 Abs. 1 u. Abs. 2 BGB (bzw. § 1696 BGB) eine Einigungsgebühr grds. entstehen kann, scheidet die Festsetzung einer Einigungsgebühr in den – hier vorliegenden – Kindesschutzverfahren nach §§ 1666,1666a BGB, in denen von Amts wegen gerichtliche Maßnahmen zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung zu treffen sind, aus. Der insoweit bereits gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Düsseldorf JurBüro 2017, 308; OLG Hamm MDR 2014, 37; OLG Koblenz OLGR 10/2015 Anm. 1; OLG Stuttgart FamRZ 2011, 1814; KG FamRZ 2011, 245; OLG Celle FamRZ 2011, 246) schließt sich der Senat an. Denn im Unterschied zu Sorgerechtsverfahren nach §§ 1671, 1672 BGB, in welchen die Kindeseltern bei Abschluss einer Vereinbarung im Rahmen von § 156 Abs. 1 FamFG in Ausübung der durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG eingeräumten Befugnisse handeln, geht es in Kindesschutzverfahren nach § 1666 BGB um die Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes über das Kindeswohl nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG. In Kindesschutzverfahren nach § 1666 BGB sind von Amts wegen gerichtliche Maßnahmen zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung zu treffen, auf eine Vereinbarung der Beteiligten kommt es dabei nicht – jedenfalls nicht im Sinne einer Streitbeilegung – an. Es handelt sich um von Amts wegen einzuleitende Verfahren, in denen der Grundsatz der Amtsermittlung gilt und die infolgedessen der Disposition der Verfahrensbeteiligten in Gänze entzogen ist. Zum Abschluss bindender Verträge sind die Kindeseltern nicht befugt. Dass das Gericht bei seiner abschließenden Entscheidung eventuelle Absprachen oder Vereinbarungen der Eltern zu bedenken hat, steht dem nicht entgegen, da diese – anders als in Verfahren nach § 1671 BGB – keinerlei Bindungswirkung entfalten und daher vom Gericht unter Kindeswohlaspekten sogar negiert werden können.

AGS 6/2019, S. 268 - 269

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