RVG §§ 22, 18 Abs. 1 Nr. 1, 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 Nr. 1

Leitsatz

  1. Beantragt ein Rechtsanwalt im Auftrag des Gläubigers den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, mit dem Forderungen des Schuldners gegen mehrere Drittschuldner gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden sollen, so handelt es sich um eine Angelegenheit i.S.d. § 25 RVG.
  2. Die Tätigkeit des Anwalts bezieht sich in diesem Fall auf mehrere Gegenstände; eine Zusammenrechnung der Gegenstandswerte kommt allerdings nicht in Betracht, soweit die Gegenstände wirtschaftlich identisch sind.

BGH, Beschl. v. 10.3.2011 – VII ZB 3/10

1 Sachverhalt

Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung. Auf den Antrag ihres Rechtsanwalts hat das AG einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen, mit dem die angeblichen Forderungen der Schuldnerin gegen drei Drittschuldnerinnen aus Mietverträgen über einzeln benannte Objekte gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen worden sind. Die zu vollstreckende Forderung setzt sich aus der Hauptforderung, Zinsen und den bis zur Antragstellung entstandenen Vollstreckungskosten (insgesamt 910,99 EUR) sowie den sich aus diesem Betrag ergebenden Anwaltskosten für die Antragstellung zusammen. Die Gläubigerin hat diese Kosten mit 68,04 EUR beziffert. Sie legt dabei den dreifachen Forderungswert (2.732,97 EUR) und die sich daraus ergebende Gebühr von 189,00 EUR zugrunde. Die 0,3-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV beträgt danach 56,70 EUR, die Postentgeltpauschale von 20 % nach Nr. 7002 VV 11,34 EUR. Das AG hat diese Kosten für die Antragstellung auf 30,60 EUR gekürzt und den weiter gehenden Antrag der Gläubigerin auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen. Es hat nur den einfachen Forderungsbetrag von 910,99 EUR angesetzt. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen diesen Beschluss zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Gläubigerin, die ihr Begehren weiter verfolgt.

2 Aus den Gründen

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Das Beschwerdegericht meint, der Rechtsanwalt der Gläubigerin könne die 0,3-fache Verfahrensgebühr für die Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nur aus einem Gegenstandswert von 910,99 EUR berechnen. Der Umstand, dass Forderungen gegen drei Drittschuldnerinnen gepfändet und zur Einziehung überwiesen worden seien, spiele bei der Bemessung des Gegenstandswerts keine Rolle. Dieser sei vielmehr durch die zu vollstreckende Forderung begrenzt, die sich nicht dadurch erhöhe, dass sich der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen drei Drittschuldnerinnen richte. Die Gläubigerin könne in dieser Höhe nur einmal Befriedigung erlangen. Es handele sich nicht um mehrere Gegenstände, die gem. § 22 Abs. 1 RVG addiert werden könnten, sondern um einen Gegenstand, der gegenüber drei Drittschuldnerinnen geltend gemacht werde.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Das Beschwerdegericht geht davon aus, dass es sich bei der Pfändung und Überweisung der Forderungen der Schuldnerin gegen die drei Drittschuldnerinnen aufgrund eines Vollstreckungsauftrags um eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne handelt und dass der Rechtsanwalt der Gläubigerin die Verfahrensgebühr daher nur einmal beanspruchen kann. Das ist nicht zu beanstanden.

Grundsätzlich bilden die gesamten zu einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme gehörenden, miteinander in einem inneren Zusammenhang stehenden Einzelmaßnahmen von der Vorbereitung der Vollstreckung bis zur Befriedigung des Gläubigers oder bis zum sonstigen Abschluss der Vollstreckung dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit, § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG. Dabei stehen nur diejenigen Einzelmaßnahmen in einem inneren Zusammenhang, welche die einmal eingeleitete Maßnahme mit demselben Ziel der Befriedigung fortsetzen (BGH, Beschl. v. 12.12.2003 – IXa ZB 234/03, NJW 2004, 1101 u. v. 24.9.2004 – IXa ZB 115/04, NJW-RR 2005, 78, 79). Der innere Zusammenhang ist vorliegend zu bejahen, da die Vollstreckung zwar in mehrere Vermögensgegenstände der Schuldnerin stattfindet, diese aber gleichartig sind, derselben Art des Vollstreckungszugriffs – der Forderungspfändung – unterliegen und die Gläubigerin aufgrund eines Vollstreckungsauftrags einmal in Höhe der titulierten Forderung einschließlich der Nebenforderungen Befriedigung erlangen will. Auch die obergerichtliche Rspr. und die überwiegende Lit. nehmen bei dieser Fallgestaltung eine gebührenrechtliche Angelegenheit an (AnwK-RVG/Schneider/Wolf, 5. Aufl., § 18 Rn 35; BeckOK RVG/Seltmann, Stand: 15.8.2010, § 18 Rn 5; Mayer/Kroiß/Rohn, RVG, 4. Aufl., § 18 Rn 30; Mock, RVGreport 2007, 130, 132; OLG Düsseldorf AGS 2006, 530, 536; OLG Düsseldorf JurBüro 1994, 351; OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 1792, 1793; KG Rpfleger 1974, 409, 410; differenzierend OLG Köln Rpfleger 2001, 149, 150). Soweit teilweise dem Beschluss des BGH v. 24.9.2004 (IXa ZB 115/04, NJW-RR 2005, 78, 79) für die hiesige Fallgestaltung etwas...

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