Über die Entwicklung der Rspr. zu den Teilen 4–7 VV aus den Jahren 2019/2020 wurde zuletzt in RVGreport 2020, 202 ff. berichtet. Die nachfolgende Übersicht enthält eine Zusammenstellung der im Anschluss daran ergangenen bzw. bekannt gewordenen Rspr. Die mit § 14 RVG zusammenhängenden Entscheidungen sind hier nicht enthalten und werden gesondert behandelt. Der Beitrag hat den Stand von Mai 2021.

 
Hinweis
 
Norm Gericht/Fundstelle Inhalt
I. Paragrafenteil des RVG
§ 4 RVG LG Bremen AGS 2021, 23

1. Ein Anwalt kann unter dem Gesichtspunkt "Interessenwegfall" seinen Vergütungsanspruch verlieren, wenn er in einem schwierigen Mandatsverhältnis seinem Mandanten bei Nichtzahlung eines Vorschusses vor der Kündigung keine Kündigungsandrohung unter Verdeutlichung der Folgen zukommen lässt.

2. Schreiben des Mandanten ohne Einschaltung seines Anwaltes an das Gericht können nur in Ausnahmefällen als schwerwiegende Pflichtverletzungen angesehen werden.
§ 4b RVG OLG München AGS 2020, 211 = MDR 2020, 249 = NJW-RR 2020, 243 = JurBüro 2020, 72

1. Eine Erfolgshonorarvereinbarung eines Rechtsanwalts mit einem Mandanten ist grds. nicht gem. § 134 BGB nichtig, auch wenn sie gegen § 49b Abs. 2 BRAO>, § 4a RVG verstößt, weil § 4b RVG insoweit eine den § 134 BGB verdrängende Sondernorm darstellt.

2. Etwas anderes gilt jedoch für eine Vereinbarung des Rechtsanwalts mit einem Vermittler von Klienten bzw. Prozessfinanzierer für die Klienten, wonach von dem Vermittler/Prozessfinanzierer vereinnahmte Erfolgshonorare teilweise an den Rechtsanwalt weitergereicht werden sollen, und der Rechtsanwalt dieses Geld zusätzlich zu den von seinen Klienten ihm gegenüber geschuldeten gesetzlichen Gebühren erhält. In diesem Fall wird § 134 BGB nicht von § 4b RVG verdrängt.
§ 15 RVG LG Aurich, Beschl. v. 31.3.2021 – 13 Qs 9/21 Für die Beurteilung, ob bei mehreren Tatvorwürfen dieselbe Angelegenheit und ein einziger "Rechtsfall" i.S.d. Nr. 4100 VV gegeben sind, ist maßgebend, wie die Strafverfolgungsbehörden die Sache behandeln. Wird gegen den Beschuldigten in getrennten Verfahren ermittelt, ist jedes für sich eine eigene Angelegenheit. Hingegen handelt es sich gebührenrechtlich um nur eine Rechtssache, wenn die Ermittlungen wegen mehrerer Straftaten in einem Verfahren betrieben werden."
§ 22 RVG OLG Hamm, Beschl. v. 25.3.2021 – 4 Ws 53/21 Unter Berücksichtigung des tiefgreifenden Grundrechtseingriffs in die körperliche Unversehrtheit und das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen (Art. 2 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG) ist der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend die Rechtmäßigkeit einer dreimonatigen Zwangsmedikation (zweimalige Injektion) gem. § 17a MRVG NRW auf 2.000,00 EUR festzusetzen.
§ 37 RVG VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 16.4.2020 – VGH B 19/19 Zur Festsetzung des Gegenstandswertes in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren mit großer Flächenwirkung.
§ 46 RVG

OLG Celle RVGreport 2019, 278 = JurBüro 2019, 357;

OLG Celle zfs 2021, 102 = JurBüro 2021, 138 = AGS 2021, 109>
Unterlässt es der Verteidiger, die Erforderlichkeit der Notwendigkeit seiner Auslagen vor Entstehen dieser durch das Gericht feststellen zu lassen, steht dies einer Anerkennung der Auslagen im Kostenfestsetzungsverfahren als notwendig nicht entgegen.
§ 47 RVG OLG Celle RVGreport 2020, 337 = JurBüro 2020, 356 = Nds.Rpfl 2020, 284 = Rpfleger 2020, 539 = StRR 2/2021, 35

1. Ein geleisteter Vorschuss für entstandene Auslagen eines Pflichtverteidigers ist zurückzufordern, wenn sich herausstellt, dass dieser zu Unrecht gezahlt wurde.

2. Die Rückforderung eines gezahlten Vorschusses wegen entstandener Fahrtkosten ist auch dann veranlasst, wenn die Feststellung, dass ein Auslagenerstattungsanspruch nicht besteht, allein auf einer geänderten rechtlichen Beurteilung der Angemessenheit der Fahrtkosten beruht.

3. Die Rückforderung eines zu Unrecht gezahlten Vorschusses darf dergestalt durchgesetzt werden, dass der Betrag von einer anderweitig veranlassten Vorschusszahlung in derselben Sache in Abzug gebracht wird.
§ 48 RVG OLG Bremen RVGreport 2020, 298 = JurBüro 2020, 481 = AGS 2020, 470 = StRR 10/2020, 35 = RVGprofessionell 2020, 215 Nach Einführung der § 1 Abs. 3 RVG durch das 2. KostRMoG vom 23.7.2013 ist eine Beschwerde gegen eine Erstreckungsentscheidung unzulässig.
 

LG Frankfurt am Main StV-S 2021, 23 (Ls.);

LG Leipzig AGS 2021, 73
Die Antragstellung ist auch noch nach Verfahrensabschluss zulässig, da es sich um eine rein vergütungsrechtliche Frage handelt.
  LG Frankfurt am Main StV-S 2021, 23, StV-S 2021, 23 (Ls.) Eine (nachträgliche) Erstreckung ist dann angezeigt, wenn der Verteidiger in dem hinzuverbundenen Verfahren tätig geworden ist, dort seine Beiordnung hätte erfolgen können und der Gegenstand des eingestellten Verfahrens in der Hauptverhandlung zur Sprache gekommen ist.
§ 51 RVG VerfGH Berlin NStZ-RR 2020, 190 = RVGreport 2020, 299 Zur Verletzung des Grundrechts des Pflichtverteidigers auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) durch Ablehnung eines Antrags auf...

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