Das LG hat die sofortige Beschwerde der Zeugin als zulässig angesehen. Gem. § 464 Abs. 3 S. 1, HS 1 StPO könne gegen eine Kostenentscheidung die sofortige Beschwerde eingelegt werden. Die Ausnahmeregelung des § 464 Abs. 3 S. 1 HS 2 StPO, wonach dies nicht gilt, wenn die Hauptsacheentscheidung, im Rahmen derer die Kostenentscheidung getroffen worden ist, nicht vom Antragsteller angefochten werden kann, finde keine Anwendung. Die Kammer verkenne dabei nicht, dass die vorliegende Kostenentscheidung nach § 470 StPO im Urteil zur Hauptsache getroffen worden sei. Gegen das Urteil stünde der Zeugin als Strafantragstellerin nach § 300 StPO kein Rechtsmittel zu. Für diese Konstellation werde von der überwiegenden Auffassung in Rspr. und Lit. vertreten, dass die Kostenentscheidung unanfechtbar sein solle (vgl. OLG Düsseldorf NStZ 2014, 424; OLG Hamburg, Beschl. v. 23.2.2012 – 2 Ws 80/11; OLG Rostock, Beschl. v. 14.8.2017 – 20 Ws 226/17; KK-StPO/Gieg, 8. Aufl., § 470 Rn 4).

Die Kammer schließt sich hingegen der Auffassung an, nach der die Kostenentscheidung gleichwohl angreifbar ist, da sie aufgrund der Sonderstellung des § 470 StPO eine isolierte Entscheidung darstellt (MüKo-StPO/Grommes, 1. Aufl., § 470 Rn 20; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 470 Rn 8). Das begründet das LG mit folgenden Erwägungen:

Zunächst spreche für diese Auffassung der Umkehrschluss aus den Regelungen der § 467a Abs. 3 und § 469 Abs. 3 StPO. Nach § 467a Abs. 1 StPO trage die Staatskasse auf entsprechenden Antrag die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten, wenn die Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage nach Erhebung zurücknimmt und das Verfahren einstellt. Ein so ergangener Beschluss sei ausdrücklich gem. § 467a Abs. 3 StPO nicht anfechtbar. Gleiches gelte für eine Entscheidung gem. § 469 Abs. 1 StPO, wonach dem Anzeigenerstatter, der durch eine unwahre Anzeige leichtfertig oder vorsätzlich die Aufnahme eines Strafverfahrens veranlasse, die Kosten hierfür aufzuerlegen seien. Auch hier werde in Abs. 3 der Norm eine Anfechtbarkeit ausdrücklich verneint (vgl. MüKo-StPO/Grommes, 1. Aufl., § 469 Rn 16). Ein ausdrückliches Anfechtungsverbot finde sich bei § 470 StPO, wonach sich die Kostentragungspflicht alleine aus der Rücknahme des Antrags ergebe und mithin im Hinblick auf den Anlass der Verfahrenseinstellung indifferent sei, gerade nicht, sodass eine gesetzgeberisch gewünschte Gleichstellung mit den Normadressaten der § 467a Abs. 1 und § 469 Abs. 1 StPO nicht anzunehmen sei.

Etwas anderes ergibt sich für das LG auch nicht aus dem systematischen Vergleich zu den Nebenklagerechten (§ 400 StPO, vgl. KK-StPO/Gieg, 8. Aufl., § 470 Rn 4). Nach der wohl überwiegenden und zutreffenden Ansicht handele es sich bei der Vorschrift des § 400 Abs. 1 StPO lediglich um einen gesetzlich geregelten, generellen Ausschluss der Beschwer des Nebenklägers, der die Statthaftigkeit des Rechtsmittels gegen die Hauptentscheidung ebenso wenig wie eine mangelnde Beschwer im Einzelfall beseitigt und damit die Zulässigkeit der Kostenbeschwerde nicht berührt (OLG Hamm NStZ-RR 2006, 95 f. = AGS 2005, 409; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2004, 120 f.; OLG Köln NStZ-RR 2009, 126; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 400 Rn 1).

Auch gebieten nach Ansicht des LG die dogmatischen Bedenken, die insbesondere das OLG Hamburg in seinem Beschl. v. 23.2.2012 gegen eine isolierte Betrachtung der Kostenauferlegung nach § 470 StPO im Rahmen einer Hauptsacheentscheidung vorbringt, keine andere Bewertung. Nach dieser Auffassung bestehe zwischen Haupt- und Nebenentscheidung ein innerer Zusammenhang, der auch nur eine einheitliche Tatsachenbewertung gebiete. Dieser Erwägung sei entgegenzuhalten, dass das beschriebene Risiko zweier divergierender Entscheidungen auch dann bestehe, wenn ein Rechtsmittelbefugter nicht die Hauptentscheidung, sondern nur die Kostenregelung angreift. Auch in diesem Fall sei das Beschwerdegericht angehalten, wegen § 464 Abs. 3 S. 2 StPO bei unzureichenden Feststellungen die Entscheidung zurückzuverweisen (BGH NJW 1975, 699, 700; KK-StPO/Gieg, 8. Aufl., § 464 Rn 11; Dölling/Duttge/König/Rössner/Meier, Gesamtes Strafrecht, 4. Aufl., StPO § 464 Rn 17). Wenn das Erstgericht in diesem Fall eine Unwirksamkeit der Antragsrücknahme feststellen würde, blieben die Feststellungen der nunmehr widersprüchlichen, aber rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung ebenfalls unberührt.

Und: Eine Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung nach § 470 StPO wäre nach Auffassung des LG schließlich in der hier vorliegenden Konstellation nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 19 Abs. 4 GG und dem Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar, da dem Strafantragsteller so die einzige Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung einer Entscheidung, die ihn erheblich belastet, genommen werden würde. Eine solche Möglichkeit müsse insbesondere dann gegeben sein, wenn der Strafantragsteller – wie hier – nicht zuvor angehört und über die Kostenfolgen seiner Antragsrücknahme belehrt worden sei (vgl. zur Unb...

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