Zwischen den Beteiligten streitig ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von PKH. Streitig ist die Höhe der Verfahrensgebühr.

Inhalt des dieser Kostenstreitigkeit zugrundeliegenden Klageverfahrens war die Ablehnung der Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab 1.12.2010, insbesondere der tatsächliche Aufenthalt der Klägerin in ihrer Wohnung.

Die Erinnerungsführerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) erhob für die Klägerin am 12.5.2011 Klage zum SG, begründete diese im Folgenden auf einer Seite und erwiderte auf die Klageerwiderung, wobei im Einzelnen auf die Stromzählerstände für das erste Halbjahr 2011 eingegangen wurde. Mit Beschl. v. 10.11.2011 bewilligte das SG antragsgemäß PKH ab Klageerhebung. Im April 2012 nahm die Beschwerdegegnerin Akteneinsicht in die über 1.000 Blätter umfassende Beklagtenakte. Auf Schreiben des Gerichts wurden mit Schreiben v. 12.10.2012 39 Seiten Rechnungen über Nebenkosten, Strom und Telekom der Klägerin vorgelegt, zudem wurde auf die ausführliche, insgesamt drei Seiten sowie sieben Seiten Anlagen umfassende Klageerwiderung des Beklagten erneut auf einer Seite Stellung genommen. Am 8.7.2013 stellte die Beschwerdegegnerin Antrag auf eine Zeugenladung. Es erfolgte dann eine schriftliche Stellungnahme der Zeugin, die zu berücksichtigen war. Am 22.7.2013 fand zusammen mit dem Verfahren S 52 AS 1220/11 (Kosten im Zusammenhang mit einer Räumung) ein Verhandlungstermin statt, bei dem drei Zeugen gehört wurden. Der Termin dauerte von 13:00 Uhr bis 15:21 Uhr. Der Rechtsstreit wurde vertagt.

Mit Schreiben v. 5.8.2013 regte die Beschwerdegegnerin eine Anfrage an die ehemalige Vermieterin der Klägerin an, die auch erfolgte. Mit weiterem kurzen Schreiben übersandte die Beschwerdegegnerin Bescheide der Klägerin betreffend Wasser und Abwasser. Am 10.9.2013 fand zusammen mit dem Verfahren S 52 AS 1220/11 ein Beweisaufnahmetermin in A-Stadt statt, bei dem eine Zeugin vernommen wurde. Der Termin dauerte von 13:31 Uhr bis 14:23 Uhr.

Mit Beschl. v. 12.9.2013 wurde das Verfahren S 52 AS 1220/11 mit dem hier streitigen Verfahren S 52 AS 1219/11 verbunden. Danach erfolgte nochmals eine einseitige Stellungnahme der Beschwerdegegnerin. Im Schreiben v. 2.10.2013 nahm die Beschwerdegegnerin zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid sowie zum Ergebnis der Zeugeneinvernahmen Stellung. Mit Gerichtsbescheid v. 17.10.2013 wurde der Klage teilweise stattgegeben.

Mit Kostennote v. 23.10.2013 beantragte die Beschwerdegegnerin, ihre Vergütung wie folgt festzusetzen:

 
Praxis-Beispiel
 
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV 460,00 EUR
Terminsgebühr, Nr. 3106 Nr. 3 VV 380,00 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Dokumentenpauschale, Nr. 7000 VV 25,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 168,15 EUR
Gesamtbetrag 1.053,15 EUR
Hiervon 4/5 842,52 EUR

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG setzte die der Beschwerdegegnerin zu erstattenden Gebühren auf 741,37 EUR fest. Terminsgebühr und Auslagen entsprachen dabei dem Antrag der Beschwerdegegnerin, lediglich die Verfahrensgebühr setzte die Kostenbeamtin abweichend auf 375,00 EUR fest. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Schwierigkeit der Angelegenheit seien leicht überdurchschnittlich zu bewerten. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Auftraggeberin sei durchschnittlich. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin seien unterdurchschnittlich.

Angemessen sei daher eine Verfahrensgebühr i.H.v. 50 % oberhalb der Mittelgebühr. Die Terminsgebühr sei antragsgemäß in Höhe der Höchstgebühr festzusetzen. Das anwaltliche Ermessen rechtfertige keine andere Berechnung, nachdem die geltend gemachte Verfahrensgebühr diejenige, die als angemessen erachtet werde, um mehr als 20 % übersteige.

Gegen diesen Beschluss legte die Beschwerdegegnerin Erinnerung ein. Die Festsetzung einer Verfahrensgebühr von 375,00 EUR sei aufgrund des Aufwandes, der Komplexität der Sache und der Bedeutung für die Klägerin nicht sachgerecht. Für Besprechungen, Telefonate und Korrespondenz mit dem Vertreter der Klägerin sei ein enormer Zeitaufwand erforderlich gewesen, ebenso für die mehr als 1.000 Seiten Verwaltungsakten, aus denen die Zuordnung der Unterlagen zu insgesamt vier Rechtsstreitigkeiten erfolgen musste. Es seien zwei Verhandlungstermine vorzubereiten gewesen.

Der Bezirksrevisor hielt es in seiner Stellungnahme für verständlich, dass die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht entsprechend dem Beschluss des Kostensenats des Bayerisches LSG v. 1.4.2015 (L 15 SF 259/14 E) die 20-prozentige Toleranz auf den Gesamtbetrag der Gebühren berechnet habe. Der Beschluss sei nicht unumstritten und das Erreichen der Höchstgebühr mit der Toleranz könnte den Gebührenrahmen verzerren.

Das SG gab der Erinnerung statt und setzte die der Beschwerdegegnerin aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wie beantragt auf 842,52 EUR fest. Zur Begründung führte ...

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