Die Beschwerde des Antragsgegners ist unzulässig, weil weder der gem. § 61 Abs. 1 FamFG maßgebliche Beschwerdewert erreicht wird, noch das AG die Beschwerde zugelassen hat oder diese zuzulassen wäre, § 61 Abs. 2, Abs. 3 FamFG.

1. Der Beschwerdewert ist nicht erreicht, weil die Sache einen Wert von lediglich bis zu 500,00 EUR hat; hierbei hat bereits das AG zu Recht darauf verwiesen, dass für den Herausgabeantrag das Interesse der Vermeidung einer drohenden Vollstreckung maßgebend ist, welches angesichts einer derzeit unstreitigen Erfüllung der titulierten Verpflichtung nicht in beschwerdefähiger Höhe angesetzt werden kann. Die ebenfalls zugesprochenen Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung sind indes, anders als die Beschwerde meint, der Beschwer nicht zuzurechnen. Nebenforderungen sind der Rechtsmittelbeschwer lediglich dann zuzurechnen, wenn sie als Hauptforderung anzusehen sind, § 4 Abs. 1 a.E. ZPO; ist die Hauptforderung aber – wie vorliegend – noch Verfahrensgegenstand, ist die Nebenforderung wertmäßig auch hinsichtlich der Beschwer nicht berücksichtigungsfähig (BGH, Beschl. v. 4.12.2007 – VI ZB 73/06, FamRZ 2008, 684; BGH, Beschl. v. 20.5.2014 – VI ZB 49/12, NJW 2014, 3100). Die Wertbemessung des Ausgangsgerichts bindet hierbei den Senat nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2013 – XII ZR 8/13, NJW-RR 2013, 1401; BGH, Beschl. v. 9.4.2014 – XII ZB 565/13, FamRZ 2014, 1100); vielmehr war diese ihrerseits von Amts wegen zu berichtigen.

2. Das AG hat die Beschwerde nicht gem. § 61 Abs. 2, Abs. 3 FamFG zugelassen. Weder der Tenor noch die Gründe der angefochtenen Entscheidung enthalten eine entsprechende Zulassung. Die erfolgte Rechtsmittelbelehrung stellt keine – gegebenenfalls konkludente – Zulassung der Beschwerde dar (vgl. BGH, Beschl. v. 9.4.2014 – XII ZB 565/13, FamRZ 2014, 1100); auch aus der erstinstanzlichen Wertfestsetzung – sei sie auch, wie vom Antragsgegner geschildert, mit Blick auf die Beschwerdemöglichkeit im Termin erörtert worden – folgt gerade keine implizite Zulassungsentscheidung.

Ob – das Vorbringen des Antragsgegners zu den Erörterungen in der Sitzung als richtig unterstellt – eine Zulassungsentscheidung nachzuholen wäre, kann dahinstehen.

Zwar ist nach der Rspr. des BGH (Beschl. v. 20.4.2010 – XII ZB 128/09, FamRZ 2010, 964; BGH, Beschl. v. 23.3.2011 – XII ZB 436/101, FamRZ 2011, 998; BGH, Beschl. v. 28.3.2012 – XII ZB 323/11, FamRZ 2012, 961) vor der Verwerfung einer Beschwerde mangels ausreichender Beschwer eine Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde vom Beschwerdegericht nachzuholen, wenn das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen hat, die Beschwerde zuzulassen, weil es von einer Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, die 600,00 EUR übersteigt. Allerdings muss hierfür aus dem angefochtenen Beschluss erkennbar sein, dass das erstinstanzliche Gericht ein Rechtsmittel für statthaft gehalten hat (BGH, Urt. v. 10.2.2011 – III ZR 338/09, NJW 2011, 926; BGH, Beschl. v. 28.3.2012 – XII ZB 323/11, FamRZ 2012, 961), wobei die Streitwertfestsetzung für sich genommen noch keine hinreichende Aussagekraft für den Wert des Beschwerdegegenstands besitzt (BGH, a.a.O.).

Die Frage einer Nachholbarkeit bedarf indes vorliegend keiner Entscheidung, weil kein Zulassungsgrund vorliegt. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Beschwerdegerichts. Vielmehr ist – soweit die Einwände der Beschwerde betroffen sind – bereits obergerichtlich geklärt, dass das Rechtsschutzbedürfnis des Unterhaltsschuldners erst dann entfällt, wenn aus dem Titel nicht mehr vollstreckt werden kann, was nicht der Fall ist, wenn der Unterhaltsgläubiger – wie hier – den Titel nicht herausgibt und nur einen widerruflichen Vollstreckungsverzicht bis zu dem Zeitpunkt erklärt, in dem sich die zugrunde liegenden Verhältnisse wieder verändern (etwa OLG München, Beschl. v. 3.12.1998 – 12 WF 1327/98, FamRZ 1999, 942; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.11.1999 – 16 WF 131/99, OLGR 2000, 174; OLG Köln, Beschl. v. 25.7.2005 – 4 WF 104/05, FamRZ 2006, 718).

Ebenso ist bereits entschieden, dass – wenn die Frage, ob zukünftig nach einer erneuten Änderung der Verhältnisse wieder ein Unterhaltsanspruch entsteht, noch völlig offen ist – der Unterhaltsgläubiger gehalten wäre, im Fall einer solchen Änderung ein neues Verfahren einzuleiten, und diese – auch in der Darlegungslast für den potentiell späteren Unterhaltsschuldner günstige (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.9.2005 – 16 WF 115/05, FamRZ 2006, 630) – Rechtslage nicht damit vereinbar ist, dass der Antragsgegner den Unterhaltstitel behält und sich damit die Möglichkeit vorbehält, stets dann, wenn er meint, wieder einen Unterhaltsanspruch zu haben, aus dem Titel vollstrecken zu können (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.6.2009 – 6 WF 55/09, FamRZ 2009, 1938).

AGS 5/2019, S. 236 - 237

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