Das LAG hat sich zunächst der zutreffenden Auffassung angeschlossen, dass auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 48 Abs. 3 RVG (Ehesachen) bei der Erweiterung der Prozesskostenhilfe und Beiordnung auf den Abschluss eines Mehrvergleichs sämtliche mit dem Vergleichsschluss anfallenden Gebühren aus der Staatskasse zu erstatten sind, also neben der Einigungsgebühr auch die nach dem Vergleichsmehrwert anfallende 0,8-Differenz-Verfahrensgebühr (Nr. 3101 VV) sowie die 1,2-Differenz-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV).[1]

Für die ordentliche Gerichtsbarkeit ist die Frage durch Beschluss des BGH[2] höchstrichterlich geklärt. Wenn ein Vergleich unter Einbeziehung nicht anhängiger Gegenstände (Mehrvergleich) geschlossen wird, hat die unbemittelte Partei einen Anspruch auf Erweiterung der bewilligten Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten auf sämtliche in diesem Zusammenhang ausgelöste Gebühren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die bereits erfolgte Bewilligung entsprechend ausgelegt oder der Beschluss entsprechend ergänzt wird. Deshalb muss die Staatskasse sämtliche auf den Mehrvergleich entfallenden Gebühren auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 48 Abs. 3 RVG erstatten.[3]

Das LAG Sachsen-Inhalt ist in den Entscheidungsgründen davon ausgegangen, dass die auf den Vergleichsmehrwert anfallende Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV mit einem Satz von 1,5 anfällt. Bei PKH müssen bei der Höhe der Einigungsgebühr wegen Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1003 VV folgende Fallgestaltungen auseinandergehalten werden:

  Ist der Vergleichs-/Einigungsgegenstand selbst zwar noch nicht anhängig, aber hierfür ein Antrag auf Bewilligung von PKH gestellt worden, insoweit also ein Bewilligungsverfahren anhängig gemacht worden, steht dies der gerichtlichen Anhängigkeit gleich und führt zu einer 1,0-Einigungsgebühr.[4]
  Ist weder der Vergleichs-/Einigungsgegenstand noch ein Antrag auf PKH hierfür anhängig, sondern ist lediglich PKH für die Protokollierung eines Vergleichs/einer Einigung hierüber bzw. ein Antrag auf Erstreckung der PKH auch auf den Vergleichswert gestellt worden, entsteht eine 1,5-Einigungsgebühr.[5]

Entscheidend für die Höhe der aus dem Vergleichsmehrwert anfallenden Einigungsgebühr ist also allein die Antragstellung durch den Anwalt. Der Antrag darf nicht so gestellt werden, dass für den Mehrvergleichsgegenstand selbst PKH beantragt wird. Der Prozesskostenhilfeantrag darf sich lediglich auf die Protokollierung des Vergleichs beziehen.[6] Anderenfalls wird ein Bewilligungsverfahren anhängig gemacht, in dem die Voraussetzungen der PKH nach §§ 114 ff. ZPO zu prüfen wären. Diese Prüfung will Nr. 1003 VV RVG gebührenrechtlich nicht begünstigen. Wird dagegen PKH nur für die Protokollierung eines Vergleichs/einer Einigung über den Mehrvergleichsgegenstand beantragt bzw. ein Antrag auf Erstreckung der PKH auch auf den Vergleichswert gestellt, kann PKH bewilligt werden, wenn zu erwarten ist, dass für den Gegenstand des Mehrvergleichs ein Vergleich bzw. eine Einigung geschlossen wird. Wird Prozesskostenhilfe für den Mehrwert eines Vergleichs beantragt, kommt es für die erforderliche Erfolgsaussicht nämlich nicht darauf an, ob der Prozesspartei, wäre über den zusätzlich in den Vergleich einbezogenen Gegenstand ein Prozess geführt worden, Erfolgsaussichten zur Seite stünden oder nicht. Vielmehr besteht eine Erfolgsaussicht dann, wenn zu erwarten ist, dass ein Vergleich zustande kommt.[7]

Joachim Volpert

AGS 5/2019, S. 210 - 213

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