Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 S. 1 RVG liegen nicht vor. Der Antrag des Pflichtverteidigers ist abzulehnen. Die Bezirksrevisorin, die das Land Niedersachsen im gerichtlichen Verfahren vertritt, durfte die Zahlung wegen Verjährung verweigern (§ 214 BGB).

Der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr verjährt gem. § 195 BGB in drei Jahren (KG, Beschl. v. 15.4.2015 – 1 Ars 22/14, NStZ-RR 2015, 296). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Das setzt grds. – so auch bei der Pauschgebühr gem. § 51 RVG – die Fälligkeit der Forderung voraus (KG, a.a.O.). Die Fälligkeit tritt beim Pauschgebührenanspruch mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens ein (OLG Braunschweig, Beschl. v. 25.4.2016 – 1 ARs 9/16, juris Rn 11; KG, a.a.O., jeweils m.w.N.). Vorliegend endete die Verjährungsfrist mithin am 31.1.2018.

Der Antrag des Pflichtverteidigers ist jedoch erst nach diesem Datum, nämlich am 11.2.2019, und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist bei dem OLG Braunschweig eingegangen. Dass der Antrag schon am 28.12.2018 beim LG Göttingen angebracht wurde, hemmte die Verjährung nicht. Nach der Rspr. des Senats (Beschl. d. Einzelrichterin v. 24.10.2017 – 1 ARs 29/17, n. v.) wird die Verjährung nur durch den Eingang des Antrags bei dem gem. § 51 Abs. 2 S. 1 RVG für die Entscheidung zuständigen OLG gehemmt (so auch Burhoff, in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., § 51 Rn 91).

Es ist zwar regelmäßig sinnvoll, den Antrag unbeschadet der Entscheidungszuständigkeit des OLG über das erstinstanzliche Gericht anzubringen, da dieses dann – wie hier – über das Verfahren berichten und sowohl zum besonderen Umfang als auch zur besonderen Schwierigkeit des Verfahrens Stellung nehmen kann. Diese Vorgehensweise verbietet sich aber, wenn der Antrag so spät eingereicht wird, dass mit einem fristwahrenden Eingang beim OLG nicht mehr gerechnet werden kann. Hier war eine rechtzeitige Weiterleitung an das OLG im normalen Geschäftsgang nicht mehr möglich, weil der Antrag erst Freitag, den 28.12.2018, angebracht wurde, so dass sich bis zum Ablauf des Kalenderjahres nur noch das folgende Wochenende (29. und 30.12.) sowie der Silvestertag (31.12.) anschlossen.

Ein anderes Ergebnis folgt im Gegensatz zur Ansicht des Antragstellers nicht aus der Rspr. des BGH, wonach einzelne Hemmungstatbestände des § 204 Abs. 1 BGB unabhängig von der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts eingreifen. So ist es zwar anerkannt, dass bspw. die Erhebung einer Klage bei einem unzuständigen Gericht die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmt (BGH, Urt. v. 9.12.2010 – III ZR 56/10, Rn 13; BGH, Urt. v. 19.1.1994 – XII ZR 190/92, Rn 9). Diese Rspr. knüpft die Wirkung der Verjährungshemmung jedoch nicht nur daran, dass der Berechtigte seinen Willen zur Durchsetzung seines Rechts zu erkennen gibt. Sie betont vielmehr auch, dass dem Verpflichteten mit der Zustellung die Inanspruchnahme verdeutlicht wird (BGH, Urt. v. 19.1.1994 – XII ZR 190/92, juris Rn 9 m.w.N.). Sofern die notwendige Information des Schuldners über die Geltendmachung der Forderung noch innerhalb der Verjährungsfrist (sei es durch Zustellung der Klage oder eines sonstigen Antrags i.S.d. § 204 Abs. 1 BGB) erfolgt, ist es deshalb nachvollziehbar, die Hemmung gem. § 204 Abs. 1 BGB unabhängig von der Zuständigkeit des Gerichts eintreten zu lassen. Entscheidend ist in diesen Fällen, dass entweder das Prozessrechtsverhältnis schon innerhalb der Verjährungsfrist begründet wird oder zumindest durch Vorschriften (vgl. hierzu bspw. § 167 ZPO oder § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB) gesichert ist, dass es zur Verjährungshemmung nur kommt, wenn der Schuldner zeitnah nach Ablauf der Verjährungsfrist Kenntnis von der Forderung des Gläubigers erlangt.

Solche Regelungen fehlen beim Antrag gem. § 51 RVG, weshalb die Situation nicht vergleichbar ist. Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr ist nicht unverzüglich zuzustellen, wie das § 271 ZPO – auch für die beim unzuständigen Gericht angebrachte – Klage fordert, und es gibt auch keine gesetzliche Vorschrift, die die unverzügliche Bekanntgabe des Pauschgebührenantrags an die Staatskasse verlangt. § 51 Abs. 2 S. 3 RVG setzt demgegenüber nur voraus, dass die Staatskasse irgendwann während des Verfahrens zu hören ist. Von solchen Zufälligkeiten darf der Eintritt der Verjährung nicht abhängen. Würde man anders entscheiden, könnte die Verjährung durch Antragsstellung bei jedem entlegenen Gericht herbeigeführt werden.

Dem steht ferner die vom Antragsteller zitierte Vorschrift des § 11 Abs. 7 RVG nicht entgegen. Die Regelung des § 11 Abs. 7 RVG ist auf den Antrag nach § 51 RVG bereits nicht anwendbar, weil sie sich auf die Festsetzung einer schon nach § 42 RVG festgesetzten Pauschgebühr gegen den Mandanten bezieht und dazu dient, dem Rechtsanwalt einen Vollstreckungstitel gegen diesen zu verschaffen (Bischof, in: Bischof/Jungbauer, RVG, 8. Aufl., ...

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