Diese Vorschrift regelt den Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz. Das zum 1.1.2023 in Kraft getretene Gesetz zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren (AsylVfBG) vom 21.12.2022 (BGBl I, 2817) hat das asylrechtliche Verfahren zum Zwecke der Entlastung der Verwaltungsgerichte geändert. Eine dieser Änderungen, die in § 77 Abs. 4 AsylG vorgenommen wurde, betrifft den Fall, in dem während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt wurde, nunmehr der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens wird. Nach der bisherigen Rechtslage konnte gegen den neuen Bescheid erneut geklagt werden. Die Änderung des § 77 Abs. 4 AsylG ermöglicht dem Bundesamt, bereits während des Gerichtsverfahrens einen neuen Asylbescheid zu erlassen, der dann Gegenstand des laufenden Gerichtsverfahrens wird. Hiervon verspricht sich der Gesetzgeber eine erhebliche Verringerung der verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Da nach der Neuregelung des § 77 Abs. 4 AsylG in demselben Gerichtsverfahren nacheinander über zwei Bescheide zu befinden ist, hat der Gesetzgeber in § 30 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 RVG eine entsprechende Ergänzung vorgenommen. Dabei hat er sich von dem in § 22 Abs. 1 RVG enthaltenen Grundsatz leiten lassen, wonach in derselben Angelegenheit die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet werden. Diese Zusammenrechnung hat der Gesetzgeber in der Neufassung des § 30 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 RVG dergestalt vorgenommen, dass in den Fällen des § 77 Abs. 4 S. 1 AsylG der für Klageverfahren sonst geltende Gegenstandswert von 5.000,00 EUR auf 10.000,00 EUR verdoppelt wird.

Im Ergebnis führt die Neuregelung in § 77 Abs. 4 S. 1 AsylG jedoch zu einer Verringerung der Vergütung des in verwaltungsgerichtlichen Asylverfahren tätigen Rechtsanwalts. Bekam er in den von § 77 Abs. 3 S. 1 AsylG erfassten Fallgestaltungen nach bisherigem Asylrecht für die Vertretung in zwei nacheinander geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Vergütung nach einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR zweimal, erhält er nun nach der Neufassung für die Vertretung in nur einem einzigen Verfahren die Anwaltsgebühren – wenn auch nach dem nunmehr auf 10.000,00 EUR erhöhten Gegenstandswert – nur einmal. Dies führt wegen der Degression der Gebührentabelle insgesamt zu einer verringerten Gesamtvergütung.

Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin

AGS 4/2023, S. 145 - 147

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