I.

Nach § 38 FamGKG ist jeder der mit einem Stufenantrag geltend gemachten Ansprüche zunächst einmal gesondert zu bewerten. Entgegen § 33 Abs. 1 FamGKG werden die Werte der einzelnen Anträge allerdings nicht addiert; es gilt vielmehr der höchste Wert.[1]

Der Verfahrenswert richtet sich bei einem Stufenantrag insgesamt nach dem Wert der werthöchsten Stufe. Höchster Wert ist in Familiensachen grds. immer der Leistungsantrag, da der Auskunftsanspruch in der Regel mit einem Bruchteil des Leistungsantrags und der Anspruch auf eidesstattliche Versicherung wiederum mit einem Bruchteil des Auskunftsanspruchs zu bewerten ist.

Da bei Einreichung eines Stufenantrags naturgemäß noch keine Bezifferung vorliegen kann, gleichwohl aber die Umstände bei Einreichung des Antrags maßgebend sind (§ 34 FamGKG), ist der Wert des Leistungsantrags bei Einreichung zu schätzen. Die Erwartung bei Antragseinreichung ist insbesondere dann maßgebend, wenn der Leistungsanspruch später gar nicht mehr beziffert wird (sog. steckengebliebener Stufenantrag).[2]

Als Schätzungsgrundlage dient zum einen das Vorbringen in der Antragsschrift (vgl. § 53 FamGKG). Zum anderen ist aber auch wesentliche Schätzungsgrundlage die vorgerichtliche Korrespondenz, da hier in der Regel Erwartungen zur Höhe des Leistungsanspruchs geäußert werden.[3]

Ebenso sind die Erwartungen bei Antragseinreichung maßgebend, wenn die spätere Bezifferung hinter der ursprünglichen Erwartung zurückbleibt.[4]

Auch dann, wenn die Bezifferung später im Wege eines offenen Teilantrags erfolgt, bleibt die ursprüngliche Erwartung maßgebend.[5]

Lassen sich keinerlei Anhaltspunkte für die ursprüngliche Erwartung feststellen, dann ist vom Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG auszugehen.[6]

Wird der Stufenantrag zurückgewiesen, bevor der Leistungsantrag beziffert worden ist, gilt ungeachtet dessen der höhere Wert des Leistungsantrags.[7]

II.

Während es für die Gerichtsgebühren im Rahmen eines Stufenverfahrens nur einen Verfahrenswert geben kann, kann sich hinsichtlich der Anwaltsgebühren etwas anderes ergeben, da hier mehrere Gebühren anfallen und es möglich ist, dass einzelne Gebühren lediglich aus dem Wert der Auskunft anfallen.[8]

 

Beispiel

Die Antragstellerin verlangt Unterhalt und geht im Wege des Stufenantrags (Auskunft und Zahlung) gegen den Antragsgegner vor. Über den Auskunftsantrag wird verhandelt. Sodann wird die Auskunft erteilt und der Antrag insgesamt zurückgenommen. Die Werte werden wie folgt festgesetzt: Auskunft 1.500,00 EUR; Zahlung 6.000,00 EUR.

Die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) ist aus dem höheren Wert des Zahlungsantrags angefallen. Die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) ist dagegen nur aus dem geringeren Wert des Auskunftsantrags entstanden.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 460,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 138,00 EUR
  (Wert: 1.500,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  Zwischensumme 618,20 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 117,46 EUR
Gesamt 735,66 EUR

Soweit die Terminsgebühr nur nach dem Wert der Auskunft angefallen ist, ist dieser Wert gesondert zu ermitteln und ggfs. festzusetzen. Eine gerichtliche Festsetzung ist insoweit jedoch nicht von Amts wegen vorzunehmen, sondern nur auf Antrag nach § 33 RVG.[9]

Soweit der Wert noch nicht feststeht, ist ein Kosten- oder Vergütungsfestsetzungsverfahren auszusetzen (§ 11 Abs. 4 RVG; § 148 ZPO) und die Festsetzung des Gegenstandswerts nachzuholen.[10]

Kein Fall des verminderten Wertes für die Terminsgebühr liegt vor, wenn im Rahmen der Auskunftsstufe ein Vergleich auch über die Leistung geschlossen wird. In diesem Fall fällt die Terminsgebühr aus dem vollen Wert schon nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG an.[11]

 

Beispiel

Die Antragstellerin verlangt Unterhalt und geht im Wege des Stufenantrags (Auskunft und Zahlung) gegen den Antragsgegner vor. Über den Auskunftsantrag wird verhandelt. Sodann wird ein Vergleich über den Leistungsanspruch geschlossen, ohne dass der Anspruch je beziffert worden ist. Ausgegangen werden soll von folgenden Werten: Auskunft 5.000,00 EUR; Zahlung 20.000,00 EUR.

Alle Gebühren sind aus dem höheren Wert des Zahlungsantrags angefallen. Abzurechnen ist wie folgt.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 964,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 894,40 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)  
3. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV 742,00 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)  
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  Zwischensumme 2.621,00 EUR
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 497,99 EUR
Gesamt 3.118,99 EUR

Rechtsanwalt Norbert Schneider

AGS 4/2020, S. 190 - 192

[1] OLG Celle AGS 2012, 192 = JurBüro 2011, 483 = FamRZ 2011, 1809.
[2] OLG Schleswig AGS 2014, 187 = SchlHA 2014, 36 = FamRZ 2014, 689 = FamFR 2013, 546.
[3] OLG Frankfurt NZFam 2018, 530 = AGS 2018, 278 = FF 2018, 326 = FamRZ 2018, 1258; OLG Hamm AGS 2012, 194 = FamRZ 2011, 582 = FamFR 2011, 41 = FF 2011, 219; OLG Jena AGS 2013, 469 = JurBüro 2013, 26 = FamRZ 2013, 489 = FamFR 2012, 447.
[4...

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