GKG §§ 48 Abs. 2, 52 Abs. 2; RVG § 23 Abs. 1

Leitsatz

  1. Bei der Streitwertbemessung für einen Unterlassungsanspruch ist die Angabe des Verfahrenswertes in der Klageschrift nur ein Indiz, das durch das Gericht selbständig zu überprüfen ist.
  2. Wird die Unterlassung mehrerer Äußerungen begehrt, ist der Wert zunächst für jede Einzeläußerung zu ermitteln und anschließend zusammenzurechnen.
  3. Werden inhaltsgleiche Ansprüche von mehreren Klägern geltend gemacht, erfolgt keine Zusammenrechnung; vielmehr ist für jeden Kläger ein Zuschlag in Höhe des Wertes anzusetzen, der seinem Interesse entspricht, den Unterlassungstitel selbständig geltend zu machen.

OLG Dresden, Beschl. v. 11.3.2019 – 4 W 171/19

1 Aus den Gründen

Die gem. §§ 567 ff. ZPO, § 68 GKG zulässige Beschwerde ist zum überwiegenden Teil begründet. Der Streitwert für die begehrte Unterlassung der unstreitig unwahren Tatsachenbehauptung ist mit 24.000,00 EUR anzusetzen, § 3 ZPO.

Nach § 48 Abs. 2 GKG ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Für die Streitwertfestsetzung bei Unterlassungsansprüchen wegen einer Ehrverletzung oder eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sind neben dem Grad der Verbreitung die Schwere des Vorwurfs sowie die Beeinträchtigung des sozialen Geltungsanspruches des Verletzten in der Öffentlichkeit, die wirtschaftliche Bedeutung sowie die sonstige Bedeutung der Sache einzubeziehen (st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt, Beschl. v. 20.11.2018 – 4 W 982/18, Beschl. v. 9.4.2018 – 4 W 296/18, vgl. auch Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 14. Aufl., Rn 1830 ff.). Ausgangspunkt für die Bemessung sind die Werte des § 52 Abs. 2 GKG und des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Diese Beträge bieten indes lediglich einen ersten Anhalt, der je nach den Umständen zu ermäßigen oder zu erhöhen ist (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 3 Rn 16, "Ehre"). Die Angabe des Verfahrenswerts in der Klageschrift ist dabei nicht mehr als ein Indiz für den Wert des Interesses an der Abwehr der Persönlichkeitsrechtsverletzung und unterliegt einer selbstständigen Überprüfung durch das Gericht (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urt. v. 5.12.2018 – 5 U 58/18, juris Rn 26; Toussaint, in: Dörndorfer/Neie/Wendtland/Gerlach, Kostenrecht, Ed. 23, 2018, § 48 GKG, Rn 40). Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Streitwert im einstweiligen Verfügungsverfahren unter dem der Hauptsache liegt, weil das für ein Verfahren maßgebende Interesse des Antragstellers an der Sicherstellung im Regelfall nicht das Befriedigungsinteresse erreicht (Zöller-Herget, a.a.O. § 3 Rn 16 Stichwort: "Einstweilige Verfügung"), beträgt der Streitwert einer Unterlassungsklage ohne besondere Bedeutung im Verfahren über den Erlass der einstweiligen Verfügung regelmäßig 5.000,00 EUR (Senat, Beschl. v. 23.1.2013 – 4 W 1363/12).

Vorliegend handelt es sich jedoch um ein Hauptsachverfahren, in dem das Befriedigungsinteresse unvermindert anzusetzen ist. Von einer nicht unerheblichen Breitenwirkung, die sich auch auf die Bemessung des Streitwertes auswirken muss, ist überdies auszugehen. Die Kläger haben noch in der Klageschrift behauptet, dass aufgrund der dem Unterlassungsantrag zugrundeliegenden Behauptungen mit einer Streichung von 936 Stunden und einer Rückforderung von 40.000,00 EUR für jedes Quartal zu rechnen sei, zudem sei infolge der darauf gestützten Entscheidung des Plausibilitätsausschlusses ein Abwandern von Patienten zum Beklagten zu erwarten. Auf die Aufforderung des ursprünglich angerufenen AG haben sie selbst die Verweisung an das LG beantragt. Dass die Äußerungen im Umfeld dieses Ausschusses verblieben sind, kann angesichts dessen nicht dazu führen, dass der Streitwert auf lediglich 2.500,00 EUR festzusetzen wäre. Hierbei bliebe zudem unberücksichtigt, dass die Kläger die Unterlassung mehrerer Behauptungen begehrt haben, der Wert aber grds. ausgehend für jede Einzeläußerung zu ermitteln und anschließend zusammenzurechnen ist (Senat, Urt. v. 24.1.2013 – 4 U 1628/12; Beschl. v. 29.3.2010 – 4 W 313/10 n.v.). Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände ist vorliegend von einem Ausgangswert von 6.000,00 EUR für jede der in dem ursprünglichen Klageantrag enthaltenen Behauptungen auszugehen. Dass vorliegend inhaltsgleiche Unterlassungsansprüche von mehreren Klägern geltend gemacht werden, die insofern nicht Gesamtgläubiger sind, ist nach der ständigen Rspr. des Senats dadurch zu berücksichtigen, dass für jeden Kläger ein geringer Zuschlag anzusetzen ist, der seinem Interesse entspricht, den Unterlassungstitel selbständig geltend zu machen (BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95; Senat, Urt. v. 24.1.2013; KG, Beschl. v. 2.7.2007 – 24 W 34/07). Diese Interesse war vorliegend mit 500,00 EUR pro Kläger und Antrag, insgesamt mithin mit 6000,00 EUR zu berücksichtigen. Dies führt zu einem Gesamtstreitwert von 24.000,00 EUR. Die darüber hi...

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