I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, bei den Abmahnschreiben gegenüber der Beklagten und dem im Parallelverfahren beklagten Medienunternehmen handle es sich nicht um dieselbe Angelegenheit. Anwaltliche Leistungen beträfen eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang bestehe und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmten, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst und in einem einheitlichen Vorgehen – bspw. in einem einheitlichen Abmahnschreiben – geltend gemacht werden könnten, wie etwa die Inanspruchnahme mehrerer Schädiger als Gesamtschuldner oder wegen der gleichen Berichterstattung. Verschiedene Angelegenheiten lägen dagegen vor, wenn inhaltlich zwar ähnliche, gleichwohl voneinander unabhängige Veröffentlichungen betroffen seien und die Schädiger auch nicht als Gesamtschuldner hafteten.

So liege es hier. Die Beklagte und das im Parallelverfahren beklagte Medienunternehmen gehörten zwar zu der gleichen Unternehmensgruppe, seien aber rechtlich selbständig und hätten eigenständig und unternehmerisch unabhängig die Erstveröffentlichung eines dritten Medienunternehmens für ihre eigenen Berichterstattungen verwendet. Auch wenn die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten einheitlich mit dem Unterbinden dieser Veröffentlichungen beauftragt habe und diese die Medienunternehmen mit ähnlich formulierten Schreiben auf Unterlassung in Anspruch genommen hätten, handele es sich gleichwohl um verschiedene Angelegenheiten. Denn es hätten voneinander unabhängige Rechtsverletzungen durch rechtlich und unternehmerisch eigenständige Schädiger vorgelegen. Es habe für die Klägerin keine Veranlassung bestanden, sie zwingend gemeinsam in Anspruch zu nehmen, schon weil sie unter- schiedliche Sitze hätten, voneinander verschiedene Produkte mit unterschiedlichem Verbreitungsspektrum vertrieben, sich die Berichterstattungen inhaltlich voneinander unterschieden und sich die Klägerin nicht in die zahlenmäßige Unterlegenheit begeben müsse. Dass die Prozessbevollmächtigten die Angelegenheiten unter dem gleichen Aktenzeichen betrieben hätten, betreffe allein deren innere Arbeitsorganisation und könne allenfalls ein Indiz in einem hier nicht vorliegenden Zweifelsfall darstellen.

II. Die Revision hat Erfolg. Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung im Rahmen des beschränkten Umfangs der Revisionszulassung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat die Revision – worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist – lediglich hinsichtlich der Frage zugelassen, ob eine einheitliche Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 RVG vorliegt, und sie damit auf die Höhe des gegen die Beklagte bestehenden Zahlungsanspruchs beschränkt (vgl. Senat, Urt. v. 8.12.1998 – VI ZR 66/98, NJW 1999, 500 unter II 1; v. 3.8.2010 – VI ZR 113/09, NJW 2010, 3037 Rn 7 ff.; BGH, Urt. v. 27.9.2011 – II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn 18). Gegen die Bejahung eines Schadensersatzanspruchs wegen der Kosten des mit der Sache befassten Rechtsanwalts dem Grunde nach (vgl. Senat, Urt. v. 8.11.1994 – VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350; v. 4.12.2007 – VI ZR 277/06, VersR 2008, 413 Rn 13 m.w.N.; v. 4.3.2008 – VI ZR 176/07, VersR 2008, 985 Rn 5) wendet sich die Revision nicht.

2. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senat, Urt. v. 3.8.2010 – VI ZR 113/09, VersR 2011, 896 Rn 12; v. 12.7.2011 – VI ZR 214/10, NJW 2011, 3657 Rn 15; jeweils m.w.N.). Das ist hier – wie die Revision zu Recht rügt – aus zwei Gründen der Fall.

3. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass dem Geschädigten ein Erstattungsanspruch im Hinblick auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nur dann zusteht, wenn er im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist. Feststellungen dazu hat es nicht getroffen.

a) Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grds., dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (st. Rspr., Senat, Urt. v. 26.5.2009 – VI ZR 174/08, AfP 2009, 394 Rn 20; v. 27.7.2010 – VI ZR 261/09, AfP 2010, 469 Rn 1...

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