Macht der Anwalt von seinem Recht auf Vorschuss nach § 9 RVG Gebrauch, so entbindet ihn dies nicht davon, später bei Eintritt der Fälligkeit (§ 8 Abs. 1 RVG) eine ordnungsgemäße Schlussrechnung zu erstellen und darin die vereinnahmten Vorschüsse zu verbuchen (§ 10 Abs. 2 RVG). Einen danach verbleibenden Überschuss, also einen nicht verbrauchten Vorschuss muss der Anwalt umgehend zurückzahlen. In diesem Zusammenhang ergeben sich in der Praxis häufig Probleme.

I.

Problematisch ist bereits die Anspruchsgrundlage.

Häufig wird der Anspruch auf Rückzahlung eines nicht verbrauchten Vorschusses auf Bereicherungsrecht gestützt. Ob ein solcher Anspruch auch gegeben ist, mag dahinstehen. Dafür spricht, dass mit Beendigung des Mandats der Vergütungsanspruch des Anwalts feststeht, und daher ein Recht zum Behaltendürfen darüber hinaus gezahlter Vorschussbeträge nicht mehr besteht.

Der bereicherungsrechtliche Anspruch ist jedoch ein "schwacher" Anspruch, da sich der Anwalt gegenüber diesem Anspruch auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen kann. Zudem bereitet der bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch Probleme, wenn (auch) ein Scheinsozius mitverklagt wird, da dieser im Zweifel nicht bereichert sein dürfte.

Übersehen wird regelmäßig, dass sich der Anspruch auf Rückzahlung eines nicht verbrauchten Vorschusses bereits unmittelbar aus dem Anwaltsvertrag ergibt. Ob dabei auf die §§ 675, 667 BGB abzustellen ist, wie der BGH meint, erscheint zweifelhaft, da der Vorschuss nicht zur Ausführung des Geschäfts gezahlt wird. Unter diese Anspruchsgrundlage fallen vielmehr insbesondere nicht verbrauchte Gerichtskosten, die der Mandant dem Anwalt an die Hand gegeben hat und die diesem zurückerstattet worden sind oder auch Fremdgelder, einschließlich einer eventuellen Kostenerstattung, die der Anwalt vereinnahmt hat.

Der Anspruch auf Abrechnung und Auszahlung zuviel gezahlter Vorschüsse ist vielmehr ein allgemeiner vertraglicher Anspruch, der zumindest als Nebenpflicht aus dem Anwaltsvertrag folgt. Ebenso wie bei allen anderen Verträgen, etwa beim Werkvertrag, besteht eine Pflicht, nach Ausführung des Auftrags ordnungsgemäß abzurechnen und nicht verbrauchte Vorschüsse zurückzugewähren. Diesem vertraglichen Anspruch kann der Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) nicht entgegengesetzt werden. Auch dann, wenn ein Scheinsozius in Anspruch genommen wird, ergeben sich keine Probleme, da es nicht darauf ankommt, ob der Scheinsozius tatsächlich bereichert ist, sondern nur darauf, dass er sich als Vertragspartner behandeln lassen muss und als solcher auf Erfüllung sämtlicher vertraglicher Ansprüche haftet.

Zu beachten ist noch, dass sich der Anwalt nach zutreffender Ansicht gegenüber dem Anspruch auf Abrechnung und Rückzahlung nicht verbrauchter Vorschüsse nicht auf die Einrede der Verjährung berufen kann, da dies treuwidrig ist.[1]

II.

Rechnet der Anwalt die vereinnahmten Vorschüsse nicht ab, kann der Auftraggeber nicht ohne Weiteres die Rückzahlung des vollen Vorschusses verlangen.

 

Beispiel

Der Anwalt hat einen pauschalen Vorschuss i.H.v. 3.000,00 EUR einschließlich Umsatzsteuer vereinnahmt. Trotz mehrfacher Aufforderungen erteilt er nach Beendigung des Mandats keine Schlussrechnung. Der Mandant will daher seinen Vorschuss zurückverlangen.

Ein Anspruch auf Rückzahlung des Vorschusses besteht nur insoweit, als der Vorschuss nicht verbraucht ist. Soweit der Vorschuss durch angefallene Gebühren und Auslagen verbraucht ist, besteht kein Rückforderungsanspruch des Mandanten, weder aus Vertrag noch aus Bereicherungsrecht.

Aus Vertrag besteht kein Anspruch, weil dem Anwalt für seine Leistung eine Vergütung zusteht, auch wenn er sie noch nicht abgerechnet hat.

Aus Bereicherungsrecht steht dem Auftraggeber aber auch kein Anspruch zu, weil der Vorschuss mit Rechtsgrund gezahlt worden ist und der Rechtsgrund nur insoweit entfallen ist, als der Vorschuss nicht verbraucht worden ist.

Eine Sanktion, dass der Vorschuss in voller Höhe zurückzuzahlen ist, wenn die ordnungsgemäße Schlussabrechnung ausbleibt, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Die fehlende Rechnung hindert nur den Anwalt, seine (weitere) Vergütung einzufordern. Sie führt aber nicht per se zur Rückzahlung des Vorschusses.

III.

Rechnet der Anwalt über erhaltene Vorschüsse nicht ab, fragt es sich dann, wie für den (ehemaligen) Mandanten vorzugehen ist.

1.

Der Mandant kann den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts selbst berechnen, was in der Regel in gerichtlichen Verfahren mit festen Gebührensätzen und feststehenden Gegenstandswerten ohne Weiteres möglich ist. Damit kann er dann auch den nicht verbrauchten Vorschuss selbst berechnen und beziffert geltend machen.

2.

Ist der Mandant nicht in der Lage, die Abrechnung der Vergütung selbst vorzunehmen oder will er dies nicht, so kann er nach § 10 Abs. 2 RVG auf Erstellung der Rechnung klagen. Der Anspruch auf Erteilung einer Schlussrechnung ist ein eigener selbstständig einklagbarer Anspruch.[2]

Ist die Rechnung erteilt, dann kann der Auftraggebe...

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