1. Die Entscheidung ist zutreffend und erinnert noch einmal daran, dass es für den Pflichtverteidiger sinnvoll ist/sein kann, beim Gericht die Feststellung der Notwendigkeit von als erforderlich angesehener Auslagen/Aufwendungen, also z.B. Kopien aus der Akte, Reisen oder eben auch Übersetzungen, zu beantragen. Stellt das Gericht die Erforderlichkeit fest, gilt das auch für das Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG. An der Stelle sollte es dann keinen Streit mehr mit der Staatskasse geben. Lehnt das Gericht die Feststellung ab, ist damit nichts verloren. Denn diese Ablehnung ist anders als die positive Bescheidung für das Festsetzungsverfahren nicht bindend (s. Burhoff/Volpert/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Teil A Rn 219 ff.).

2. Angesichts der Bindungswirkung unterliegt dann im Festsetzungsverfahren nur noch die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen (hier der Übersetzungskosten) einer Überprüfung durch den UdG, wobei diese anhand einer an Treu und Glauben orientierten Auslegung des Festsetzungsbeschlusses begrenzt werden kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.9.2014 – III-1 Ws 247/14 u. 1 Ws 293/14, RVGreport 2016, 64). Darauf hat das LG Augsburg (a.a.O.) in der Beschwerdeentscheidung hingewiesen.

3. Das LG Augsburg (a.a.O.) hat in seiner Entscheidung zudem darauf hingewiesen, dass die Staatskasse zu Recht moniere, dass die Übersetzung von insgesamt 259 Seiten, welche lediglich äußerst pauschal als "Aktenteile aus dem in Serbien gegen den Betroffenen geführten Strafverfahren nebst anwaltlichem Schriftverkehr und einen Social-Media-Chat" bezeichnet worden seien, nicht zwingend – wie seitens des AG geschehen – vollumfänglich als erforderliche Aufwendung hätten angesehen werden müssen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Verteidigerin mithilfe ihres Mandanten – welcher offensichtlich auch imstande gewesen sei, eine aus seiner Sicht nicht rechtsstaatliche Vorgehensweise zu schildern – durchaus hätte zugemutet werden können, die einzelnen Schriftstücke zumindest grob vorzusichten bzw. sich schrittweise vorzuarbeiten (zunächst Übersetzung der Anmerkungen des Verteidigers oder der Urteile der höheren Gerichte, dann Übersetzung der sich daraus ergebenden Dokumente). Auf diese Frage kam es hier wegen der grundsätzlichen Bindungswirkung des amtsgerichtlichen Feststellungsbeschlusses zwar nicht an. Die Ausführungen des LG sollten jedoch Anlass sein, nicht ggf. "blind" die gesamte Akte übersetzen zu lassen.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 3/2023, S. 118 - 119

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