1. Gesetzliche Regelung

In Verfahren vor Gerichten eines Landes erhält der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt gem. § 45 Abs. 1 RVG die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich gem. § 48 Abs. 1 RVG nach den Beschlüssen, durch die die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Vorliegend hatte das SG Bayreuth die Rechtsanwältin dem Kläger durch Beschl. v. 7.4.2014 mit Rückwirkung ab Antragstellung im Wege der PKH beigeordnet.

2. Wirksame Beiordnung

Das Bay. LSG hat darauf hingewiesen, dass für die Wirksamkeit dieser Beiordnung unerheblich ist, ob das Gericht sie überhaupt oder in diesem Rahmen anordnen durfte. Die Zulässigkeit der Beiordnung sei nämlich jedenfalls im Verfahren auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung nicht nachprüfbar.

Nach den weiteren Ausführungen des Bay. LSG war der Beiordnungsbeschluss vom 7.4.2014 wirksam. Er sei auch in der Folgezeit nicht gem. § 124 ZPO aufgehoben worden, sodass er für das Verfahren auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung bindend sei. Selbst eine (gesetzwidrige) Beiordnung eines auswärtigen Anwalts außerhalb von § 121 Abs. 3 und 4 ZPO sei für den UdG und für das Beschwerdegericht bindend.

3. Wirksame Prozessvollmacht

Nach den weiteren Ausführungen des Bay. LSG handelt es sich bei der Rechtsanwältin auch um eine vom Kläger durch Erteilung einer Prozessvollmacht nach § 80 ZPO bestellte Prozessbevollmächtigte. Die Erteilung der Prozessvollmacht gem. § 80 ZPO setze nämlich lediglich voraus, dass die Partei prozessfähig sei, was hier außer Frage stehe. Die Prozessfähigkeit und die Geschäftsfähigkeit würden durch den Wegfall der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Klägers als Insolvenzschuldner nicht berührt.

Das Bay. LSG hat ferner darauf hingewiesen, dass die Vollmachtserteilung keinen Formvorschriften unterliege und sie deshalb auch durch schlüssiges Verhalten gegenüber Bevollmächtigten, Prozessgegnern oder dem Gericht möglich sei. Deshalb schade es auch nicht, dass die von der Rechtsanwältin vorgelegte Vollmacht vom 23.9.2010 keine Prozessvollmacht für das hier zugrunde liegende Hauptsacheverfahren darstelle, da sie sich ersichtlich auf einen anderen Streitgegenstand, nämlich die Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes M-Stadt bezogen habe. Der Kläger habe jedoch zumindest durch schlüssiges Verhalten während des Klageverfahrens und spätestens im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 18.11.2015 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Rechtsanwältin mit der Vertretung seiner Interessen in dem Rechtsstreit vor dem SG Bayreuth betraut habe. Außerdem sei das SG gem. § 73 Abs. 6 S. 5 HS 2 ZPO nicht gehalten gewesen, eine schriftliche Vollmacht der Rechtsanwältin anzufordern.

4. Kein Erlöschen der Prozessvollmacht

Nach den weiteren Ausführungen des Bay. LSG steht der Wirksamkeit der Erteilung der Prozessvollmacht auch die Bestimmung des § 117 InsO nicht entgegen. Gem. § 117 Abs. 1 InsO erlischt eine vom Schuldner erteilte Vollmacht, die sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Bay. LSG hat darauf hingewiesen, dass diese Vorschrift jedoch schon ihrem Gesetzestatbestand nach nicht einschlägig sei. Der Kläger habe nämlich die Rechtsanwältin für den Rechtsstreit vor dem SG Bayreuth erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mandatiert. I.Ü. sei der Insolvenzschuldner sogar berechtigt, einen Prozessvertreter, dessen Vollmacht gem. § 117 Abs. 1 InsO erloschen war, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur weiteren Wahrnehmung seiner verfahrensmäßigen Rechte erneut zu bevollmächtigen.

Etwas anderes ergibt sich nach den weiteren Ausführungen des Bay. LSG auch nicht aus dem Umstand, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über prozessuale Ansprüche des Klägers unabhängig davon auf den Insolvenzverwalter übergeht, ob dieser in den Rechtsstreit eintritt oder nicht. In diesem Fall könne der Kläger als Partei des Rechtsstreits nur noch die Rechte geltend machen, die einem Schuldner nach Insolvenzeröffnung verbleiben. Dies wäre allenfalls Gegenstand der Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache und könne unter Umständen zu einer Aufhebung der bereits bewilligten PKH führen. Auf eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilte Vollmacht hat dies nach Auffassung des Bay. LSG jedoch keine Auswirkungen.

5. Keine Auswirkungen der Kostenpflicht des Rechtsanwalts ohne Vertretungsmacht

Der Vertreter der Landeskasse hatte sich in seiner Beschwerde auf die ständige Rspr. des Bay. LSG bezogen, wonach ein Rechtsanwalt ohne Vertretungsmacht gem. § 197a SGG Kostenschuldner der gerichtlichen Gebühren sei. Dies führt nach Auffassung des Bay. LSG für den Vergütungsanspruch der beigeordneten Rechtsanwältin zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen sei die Rechtsanwältin – wie erörtert – nicht vollmachtlose Vertreterin gewesen. Zum anderen könne sich eine anwaltliche Haftung für ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge