Die Beschwerdeführerin beansprucht im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe die Festsetzung einer 1,5-fachen Einigungsgebühr für einen Mehrvergleich.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch eine außerordentliche sowie eine hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten aufgelöst worden ist. Das Verfahren endete durch den Abschluss eines "nach Erörterung der Sach- und Rechtslage" im Gütetermin geschlossenen Vergleich, der neben einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses u.a. die Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Arbeitszeugnisses mit der Leistungs- und Verhaltensbewertung entsprechend der Note "gut" sowie der Bescheinigung der Ehrlichkeit der Klägerin beinhaltete.

Das ArbG teilte mit, dass es beabsichtige den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Klägervertreterin und Beschwerdeführerin für das Verfahren auf 3.450,00 EUR sowie für den Vergleich auf 4.600,00 EUR (Vergleichsmehrwert: ein Bruttomonatsentgelt für das Zeugnis) festzusetzen.

Durch Beschl. v. 8.4.2019 bewilligte das ArbG der Klägerin nach Vergleichsabschluss Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten, der Beschwerdeführerin.

Mit Schreiben v. 2.5.2019, beim ArbG eingegangen am 6.5.2019, beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung ihrer Gebühren und Auslagen, insbesondere einer 1,0-Einigungsgebühr aus 3.450,00 EUR gem. §§ 45, 49 RVG, Nrn. 1003, 1000 VV sowie einer 1,5-Einigungsgebühr gem. §§ 45, 49 RVG, Nr. 1000 VV aus einem Gegenstandswert i.H.v. 1.150,00 EUR. Insgesamt beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung eines zu zahlenden Betrages i.H.v. 1.286,87 EUR.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die der Beschwerdeführerin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung gem. § 55 RVG auf 1.133,95 EUR fest und berücksichtigte hierbei nur eine 1,0-Einigungsgebühr gem. Nr. 1003 VV für den Vergleichsmehrwert. Zur Begründung führte sie aus, dass, beantrage die Partei Prozesskostenhilfe auch für einen Mehrvergleich, dies bezogen auf die nicht rechtshängigen Gegenstände des Vergleichs zu einer Reduzierung der Einigungsgebühr auf 1,0 gem. Nr. 1003 VV führe. Für die Mehreinigung vor dem ArbG komme die Festsetzung einer 1,5-fachen Einigungsgebühr im Falle eines Prozesskostenhilfebewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses nur in Betracht, wenn die Prozesskostenhilfe allein zur Protokollierung der Einigung beantragt und bewilligt worden sei. Finde vor dem ArbG jedoch eine Erörterung der Sach- und Rechtslage und infolgedessen eine Einigung einschließlich Mehreinigung statt und sei für die ursächliche Mitwirkung bei der Vertragsverhandlung oder für den Abschluss des Vertrags vor dem ArbG Prozesskostenhilfe beantragt und bewilligt, könne allenfalls eine 1,0-Einigungsgebühr anfallen. Im vorliegenden Fall sei der Vergleichsabschluss ausweislich des Protokolls ausdrücklich nach einer Erörterung der Sach- und Rechtslage erfolgt, so dass das Gericht wesentlich mehr getan habe als eine bloße Vergleichsprotokollierung. Die Einigungsgebühr aus dem Mehrvergleich sei daher auf 1,0 nach Nr. 1003 VV zu reduzieren. Die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV verringere sich entsprechend.

Gegen den ihr zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin Erinnerung eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, mit der Entscheidung des BGH (Beschl. v. 17.1.2018 – XII ZB 248/16) sei davon auszugehen, dass die im Grundgesetz verbürgte Rechtsschutzgleichheit nicht gewahrt wäre, wenn die dem beigeordneten Rechtsanwalt erwachsenden Gebühren aus dem Mehrvergleich teilweise nicht von der Staatskasse getragen würden und diesbezüglich die Vergütungspflicht des bedürftigen Beteiligten bestehen bleiben würde. Dies gelte nicht nur für das Familienrecht, sondern auch für das Arbeitsrecht. Die in der Vergütungsfestsetzung vertretene Auffassung, dass die Einigungsgebühr aus dem Mehrvergleichswert auf 1,0 zu reduzieren sei, da das Gericht wesentlich mehr getan habe als eine bloße Vergleichsprotokollierung, dürfte nach der aktuellen Rspr. als überholt betrachtet werden. Unzweifelhaft dürfte hinsichtlich des "Mehrinhalts" des Vergleichs eine Anhängigkeit nicht gegeben sein. Die Einbeziehung nicht anhängiger Streitigkeiten bei Abschluss eines Vergleichs diene nicht zuletzt einer Entlastung der Gerichte in der Weise, dass hierüber weitere folgende Klageverfahren vermieden würden. Sie diene i.Ü. auch insoweit einer Entlastung der Staatskasse, als bei weiteren Klageverfahren, für die wiederum Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen werden würde, höhere Kosten anfallen würden.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung der Beschwerdeführerin nicht abgeholfen; der Richter hat sie zurückgewiesen. Es hat die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 2 RVG. Das ArbG hat zur Begründung ausgeführt, der BGH habe in seinem Beschl. v. 17.1.2018 (XII ZB 248/16) über den Umfang der Beiordnung eines Rechtsanwalts bei Familiensachen nach § 48 Abs. 3 S. 1 RVG entschieden...

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