Ein Strafkammerbeschluss, mit dem man im Grunde nichts anfangen kann. Denn nach den Entscheidungsgründen wird nicht klar, was die Kammer denn nun eigentlich meint und will. Entweder sieht man eine nachträgliche Erstreckung nicht als zulässig an – die h.M. ist anderer Auffassung (vgl. KG RVGreport 2012, 56 = RVGprof. 2012, 6 = StRR 2012, 78 = StraFo 2012, 292; OLG Celle JurBüro 2019, 577 = StraFo 2019, 526 = AGS 2019, 554 = RVGreport 2020, 93; OLG Düsseldorf RVGreport 2008, 140 = RVGprof. 2007, 175; OLG Hamm, Beschl. v. 29.1.2008 – 4 Ws 9/08; OLG Zweibrücken RVGreport 2018, 14 = NStZ-RR 2018, 64 = JurBüro 2018, 79; LG Braunschweig StraFo 2015, 349 = RVGreport 2015, 374 = StRR 2015, 398 = RVGprof. 2016, 24; LG Cottbus StRR 2013, 305 = RVGprof. 2013, 44; LG Dresden, RVGreport 2008,140 = RVGprof. 2008, 75; LG Düsseldorf StraFo 2012, 117; LG Freiburg RVGreport 2006, 183 = RVGprof. 2006, 93) – dann soll man es aber auch klar und deutlich schreiben und nicht herumeiern, wie es die Kammer getan hat. Hätte sie die Erstreckung als unzulässig angesehen, dann hätte sie das aber auch begründen und sagen müssen, warum man sich gegen die ganz h.M. stellt. Das hätte man aber nicht gekonnt, da es für die Ansicht keine guten Argumente gibt. Denn bei der Frage der Erstreckung handelt es sich um eine vergütungsrechtliche Problematik, sodass der Streit in der Rspr., ob eine nachträglich, also nach Abschluss des Verfahrens, erfolgende Beiordnung zulässig ist, keine Rolle spielt. Die nachträgliche Erstreckung lässt sich nicht damit begründen – wie es im Beschluss aber anklingt –, dass eine Erstreckung nur in Ausnahmefällen zulässig sein soll. Woher die Kammer dieses Argument (?) hat, lässt sich nicht feststellen. Eine Belegstelle ist nicht angeführt, was nicht überrascht, denn es gibt für die Meinung keinen Beleg. Ein Beleg ist i.Ü. auch nicht der Verweis der Kammer auf Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 24. Aufl., 2019, § 48 Rn 209 m.w.N. Denn das von ihr Behauptete steht da nicht. I.Ü. ist diese Auffassung der Kammer falsch. Sie ergibt sich nicht aus dem RVG, das die Erstreckung in § 48 Abs. 6 S. ohne jede Einschränkung vorsieht. Auch der Hinweis auf die Belange des Angeklagten geht fehl. Denn im Zweifel hat der Verteidiger seinen Mandanten über einen entsprechenden Antrag informiert.

Verfahrensweise des Verteidigers

Dennoch: Solche Entscheidungen und die in ihnen anklingenden Auffassungen sollten den Verteidiger allerdings warnen, Erstreckungsanträge nicht zu vergessen/zu übersehen. Man sollte es sich zur Regel machen, immer dann, wenn eine Pflichtverteidigerbestellung (in mehreren) Verfahren in Betracht kommt, die ggf. verbunden werden, einen Antrag auf Erstreckung zu stellen. Damit vermeidet man dann Entscheidungen wie die des LG Leipzig.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 2/2021, S. 73 - 74

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