Allerdings könne in der vorliegenden Konstellation dem Rechtsanwalt die Erstreckung nicht versagt werden, da das AG widersprüchlich vorgegangen sei. Das AG habe mit Verfügung vom 6.11.2019 in dem Verfahren 950 Js 55313/19 den Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger beigeordnet, wobei dem AG schon nach der Anklageschrift bewusst gewesen sein müsse, dass dieser den Angeklagten auch in diesem Verfahren als (Wahl-)Verteidiger vertrete. Eine Notwendigkeit, den Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger für dieses Verfahren beizuordnen, habe nach der Argumentation des AG nicht bestanden. Insbesondere wäre in diesem Verfahren die Beiordnung eines Pflichtverteidigers in weitaus geringerem Umfang als in dem Verfahren 108 Js 36754/19 geboten gewesen, was sich insbesondere auch in den unterschiedlichen Einzelstrafen hinsichtlich der jeweiligen Anklagevorwürfe zeige. Aufgrund dieser aus Sicht der Kammer widersprüchlichen Herangehensweise bzw. Sachbehandlung könne die Kammer kein solches Eigenverschulden des Beschwerdeführers erkennen, dass er nicht auch in dem Verfahren 108 Js 36754/19 frühzeitig einen Erstreckungs- und/oder Beiordnungsantrag gestellt hat. Eine solche Erstreckung könne auch noch nachträglich beantragt und ausgesprochen werden (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 48 Rn 209 m.w.N.). Zumindest im Rahmen dieser Konstellation könne die Kammer auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass Erstreckungen nur in Ausnahmefällen möglich sein sollen, den Antrag des Rechtsanwalts noch als zulässig und begründet erachten.

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