Das LSG sowie vorgehend auch das SG stellen bei Prüfung der Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit von Fotokopien auf einen objektiven Maßstab eines vernünftigen sachkundigen Dritten ab. Dem Anwalt stehe ein Ermessensspielraum zu, welche Unterlagen er in welchem Umfang aus behördlichen Akten kopiere. Dieser Ermessensspielraum sei lediglich dann überschritten, wenn durch juristisch nicht geschultes Hilfspersonal eine ungeprüfte Ablichtung der gesamten Gerichts- und Verwaltungsakte einschließlich solcher Schriftstücke, welche offensichtlich zur Mandatsbearbeitung ohne jeglichen Mehrwert seien, erfolge.

Dagegen wiederrum könne dem Prozessbevollmächtigten jedoch bei erster Akteneinsicht umfangreicher Verwaltungsakten nicht zugemutet werden, Schriftstücke kleinteilig auf deren Notwendigkeit zur Vervielfältigung zu lesen und zu prüfen. Kopien dürften lediglich nicht ohne sachliche Begründung zweimal angefertigt werden.

Die Prüfung einer Überschreitung der Ermessensausübung habe anhand der Grundsätze des § 46 Abs. 1 RVG zu erfolgen, wonach die Landes- bzw. Staatskasse grds. die Beweislast treffe. Dies gehe aus dem Wortlaut, der Systematik und der Entstehungsgeschichte des § 46 Abs. 1 RVG hervor.

Eine Ermittlung und Prüfung der Erforderlichkeit der Kopien sowie substantiierte Feststellung zur Kürzung der beantragten Auslagen habe im Festsetzungsverfahren nicht stattgefunden, sodass der Vergütungsfestsetzungsbeschluss allein deswegen aufzuheben war.

Gleichwohl der Bevollmächtigte nahezu die vollständige Verwaltungsakte des beklagten Jobcenters habe kopieren lassen, sei dies vorliegend unter Berücksichtigung der Umstände erforderlich gewesen, da es zur Berechnung des korrekten Leistungsanspruches auf das Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit für den streitbefangenen Zeitraum (2007–2010) und damit durchaus auf Einzelpositionen innerhalb eines längeren Zeitraumes ankam. Es dürfte damit ein Großteil der Akte hinsichtlich der Einkommensberechnung unmittelbar oder zumindest mittelbar betroffen gewesen sein, sodass die gefertigten Kopien zur sachgemäßen Bearbeitung geboten und damit notwendig waren.

Nach bisheriger Rspr. des Schleswig-Holsteinischen LSG führte die ungeprüfte Ablichtung der gesamten Akten regelmäßig nicht zu einem Anspruch auf Erstattung der Kopierkosten. Habe der Bevollmächtigte keine Auswahl getroffen und den gesamten Akteninhalt kopiert, ist im Rahmen der Erstattung der Kopierkosten eine überschlägige Schätzung zulässig. Bei einer auffällig hohen Anzahl von Kopien oblag es dem beigeordneten Anwalt, die Erforderlichkeit der hohen Anzahl plausibel zu machen. Die Beweislast traf den Bevollmächtigten und nicht die Staats- bzw. Landeskasse (LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 23.5.2016 - L 5 SF 12/14 E = NZS 2016, 759; SG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 16.6.2003 - L 5 B 13/03 SF SK).

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