Bei der Entscheidung handelt es sich innerhalb kurzer Zeit um die zweite Entscheidung des BGH zur Anwendung des Fernabsatzrechts auf den Anwaltsvertrag. Dazu hat der BGH u.a. in dem in Bezug genommenen Urt. v. 23.11.2017 (IX ZR 204/16, AGS 2018, 105 = RVGreport 2018, 157) Stellung genommen. Schwerpunkt der Ausführungen des BGH in seinem Urteil v. 23.11.2017 war noch die Frage, wann überhaupt ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem anzunehmen ist. Insoweit war der BGH der Auffassung, dass das regelmäßig nicht schon dann vorliegt, wenn der Rechtsanwalt lediglich die technischen Möglichkeiten zum Abschluss eines Anwaltsvertrags im Fernabsatz wie Briefkasten, elektronische Postfächer und/oder Telefon- und Faxanschlüsse vorhält. In dem aktuellen Urteil v. 19.11.2020 liegt der Schwerpunkt an anderer Stelle. Es geht hier jetzt nämlich mehr im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast, die der BGH dem Rechtsanwalt auferlegt, um die Frage, welche (Mindest-)Anforderungen bei einer Rechtsanwaltskanzlei an ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem zu stellen sind. Diese Frage hat der BGH zwar nicht abschließend entschieden. Die von ihm herangezogenen Kriterien zeigen jedoch, worauf der Rechtsanwalt achten muss (s. oben unter IV.).

Was kann der Rechtsanwalt zu seinem Schutz tun, wenn er auf Fernabsatz setzen will, was derzeit Rechtsanwälte wegen der coronabedingten Einschränkungen ggf. vermehrt tun?

Nun, er sollte bei einem Verbraucher (zum Begriff s. § 13 BGB) auf keinen Fall übersehen, diesen über das Widerrufsrecht aus §§ 355, 356 BGB zu belehren, um so die Widerrufsfrist zu verkürzen.

Eine Widerrufsbelehrung könnte etwas folgenden Inhalt haben (entnommen Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., 2018, Teil A Rn 2401):

 

Widerrufsbelehrung

für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und bei Fernabsatzverträgen

zwischen Herrn/Frau Rechtsanwalt/Rechtsanwältin …

Widerrufsrecht

Wir haben am … in … eine Vergütungsvereinbarung geschlossen. Sie haben als Mandant das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen.

Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag des Vertragsschlusses.

Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie … (Kanzleidaten einsetzen) mittels einer eindeutigen Erklärung, also z.B. durch einen mit der Post versandten Brief, durch Telefax oder Email, über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden; das ist jedoch nicht vorgeschrieben.

Zur Wahrung der Widerrufsfrist ist es ausreichend, wenn Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.

Folgen des Widerrufs: Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, muss ich Ihnen alle Zahlungen, die ich von Ihnen erhalten habe, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass Sie eine andere Art der Lieferung als die von uns angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt haben), unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist. Für diese Rückzahlung verwende ich dasselbe Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben, es sei denn, mit Ihnen wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart; in keinem Fall werde ich Ihnen wegen dieser Rückzahlung Entgelte berechnen.

Haben Sie verlangt, dass die Dienstleistungen während der Widerrufsfrist beginnen soll, so haben Sie mir einen angemessenen Betrag zu zahlen, der dem Anteil der bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie mich von der Ausübung des Widerrufsrechts hinsichtlich dieses Vertrags unterrichten, bereits erbrachte Dienstleistungen im Vergleich zum Gesamtumfang der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen entspricht.

…, den … (bitte Ort und Datum einsetzen)

Unterschrift

Widerrufsbelehrung erhalten und zur Kenntnis genommen

…, den … (bitte Ort und Datum einsetzen)

Unterschrift

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 2/2021, S. 90 - 93

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge