Warum ist die an sich gut vertretbare Entscheidung auf den zweiten Blick dennoch zumindest bedenkenswert? Grds. treffen alle Argumente zwar zu. Eine bereits bewilligte Beratungshilfe kann aufgehoben werden, auch gilt es stets, auf die Mutwilligkeit und den Selbstzahlerbvergleich abzustellen. Ebenso ist bei nachträglicher Antragstellung ein unkalkulierbares Kostenrisiko in Kauf zu nehmen, insbesondere auch dann, wenn die Prüfung durch die Beratungsperson nach § 4 Abs. 6 BerHG nicht oder nicht ausreichend vorgenommen wurde. Gleichwohl darf man im vorliegenden Fall nicht vergessen, dass durch das Gericht eine nachträgliche Bewilligung nach Vorliegen aller Sachverhalte ausgesprochen wurde. Das AG Eilenburg argumentiert insoweit mit einer grob fahrlässigen Unkenntnis der Beratungsperson und des Rechtsuchenden, wonach diese das Nichtvorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen hätten kennen müssen, insbesondere wegen des offensichtlichen Hinweises, dass der Bescheid Gegenstand des Klageverfahrens werde, aber auch aus aufgrund der Erkenntnisse aus einem vorangegangenen Verfahren. Es stellt sich daher objektiv die Frage, warum die Grundsätze dieser "grob fahrlässigen Unkenntnis" nur dem Rechtsuchenden und der Beratungsperson angelastet werden, nicht aber dem bewilligenden Gericht. Denn letztlich hatte auch das Gericht dieselben Erkenntnisse und hat sich – entweder unter Versäumnis der Prüfung oder gerade trotzdem – für eine Bewilligung ausgesprochen. Gerade dieser "besondere" Aspekt wurde in der Entscheidung des AG Eilenburg nicht hinreichend gewürdigt.

Für die Praxis wirft die Entscheidung des AG Eilenburg Fragen auf. Selbst bei vorheriger Prüfung durch das Amtsgericht mit anschließender Bewilligung von Beratungshilfe kann sich der beauftragte Rechtsanwalt schlussendlich nicht seines Mandates sicher sein. Prüfungsfehler oder -mängel können jederzeit zu einer Aufhebung der eigentlich sicher geglaubten Beratungshilfe führen. Einmal mehr werden die Schwächen des BerHG offenbart.

Dipl.-RPfleger Stefan Lissner, Konstanz

AGS 2/2021, S. 88 - 89

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