Mit der o.g. Entscheidung hob das AG Eilenburg eine bereits bewilligte Beratungshilfe auf. Die Entscheidung ist aus mehreren Gesichtspunkten interessant. Zum einen stellt sie eine der seltenen Fälle einer Aufhebung dar, die bekannt werden. In der gerichtlichen Praxis ist die Aufhebung einer Beratungshilfe tendenziell eher eine Seltenheit und wenn sie vorkommt, dann meist wegen einer falsch berechneten Bedürftigkeit und nicht wegen der objektiven Bewilligungsvoraussetzungen. Zum anderen befasst sie sich indirekt neben der Problematik der Aufhebung und dem daraus resultierenden Procedere auch mit der Frage der "Mutwilligkeit." Welche "Signale" kann man der Entscheidung des AG Eilenburg entnehmen?

1. Aufhebung der bereits bewilligten Beratungshilfe ist innerhalb der Frist möglich, und zwar nicht nur dann, wenn die Bewilligung durch einen Antragsteller "vorsätzlich oder aus grober Nachlässigkeit erschlichen wurde, sondern auch dann, wenn sie trotz wahrheitsgemäßer Darlegung durch den Rechtsuchenden schlicht nicht vorlagen, das Gericht dies aber offensichtlich nicht erkannt hat. Für den vorliegenden Sachverhalt bedeutet dies also, dass zwar der Rechtsuchende alles wahrheitsgemäß angegeben, das Fehlen der ursprünglichen Voraussetzungen aber durch das Gericht offensichtlich nicht erkannt wurde, denn zunächst einmal wurde ja eine Bewilligung ausgesprochen. "
2. Das (fiskalische) Interesse des Staates überwiegt in der entschiedenen Konstellation das Interesse des Rechtsuchenden in den Bestand der Beratungshilfe.
3. Insbesondere im Falle der – wie hier – nachträglichen Antragstellung i.S.v. § 6 Abs. 2 BerHG spielen für die Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit des § 6a Abs. 1 BerHG auch Vertrauensgesichtspunkte im Hinblick auf den erteilten Beratungshilfeschein weder bei einem Antragsteller noch bei der Beratungsperson eine Rolle. Das Gericht folgt damit der zutreffenden h.A., wonach bei einem nachträglichen Beratungshilfeantrag deutlich weniger Vertrauensschutz besteht, sofern der ersuchte Rechtsanwalt seine unmittelbare Prüfungskompetenz des § 4 Abs. 6 BerHG (voriger Prüfungsauftrag) vernachlässigt, ein solcher Vertrauensschutz gänzlich ausgeschlossen werden kann. Vorliegen erkannte das Gericht darauf, dass es sowohl dem Rechtsuchenden als auch seiner Beratungsperson bereits anhand der Hinweise (anstelle einer RM-Belehrung) im Bescheid hätte erkennbar sein müssen, dass die objektiven Voraussetzungen nicht vorlagen.
4. Eine Aufhebung kann auch wegen fehlender objektiver Voraussetzungen und nicht nur wegen fehlender subjektiver Voraussetzungen (= also der Bedürftigkeit) erfolgen.
5. Mutwilligkeit liegt dann vor, wenn ein selbstzahlender Dritter von einer Weiterverfolgung absehen würde, im entschiedenen Fall nämlich dann, wenn der Gegenstand ohnehin gerichtlich geklärt wird.

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