Aber zur Überzeugung des Gerichts ist auch die weitere Kostenrechnung gerechtfertigt.

So wurde in dieser Kostennote zu Recht die Gebühr "Mitwirkung Entbehrlichkeit Hauptverhandlung gem. Nrn. 5115, 5103 VV über 160,00 EUR in Ansatz gebracht."

So führt insoweit die Rechtsanwaltskammer Tübingen ihrem schriftlichen Gutachten zutreffend aus, dass die Durchführung einer Hauptverhandlung grds. den Anfall einer Erledigungsgebühr nicht ausschließt. Vielmehr stellt sich die Abgrenzungsfrage wie das Verfahren stattgefunden hat, bzw. danach, ob eine Hauptverhandlung ausgesetzt wird oder, ob die Hauptverhandlung lediglich unterbrochen und ein Fortsetzungstermin bestimmt wird. Im zweiten Fall ist nach Auffassung der h.M. die Erledigungsgebühr nicht entstanden (vgl. hierzu Gerold/Schmidt, RVG Nr. 5115, Rn 7 mit Verweis auf Nr. 4141 VV, Rn 15 ff. hier Rn 23).

Nach den weiteren Ausführungen der Rechtsanwaltskammer Tübingen in ihrem schriftlichen Gutachten ist nach Auswertung der Bußgeldakten des AG und dem sich daraus ergebenden Verlauf der Hauptverhandlung davon auszugehen, dass die Hauptverhandlung lediglich unterbrochen worden sei und daher vom Grundsatz der Einheit der Hauptverhandlung ausgegangen werden müsse, was einer Anwendung der Erledigungsgebühr nach Nr. 5115 VV entgegen stehen würde.

Damit kommt die Rechtsanwaltskammer Tübingen zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall die geltend gemachte Gebühr nach Nr. 5115 VV nicht angefallen ist.

Dieser Rechtsauffassung vermag sich das Gericht aber nicht anzuschließen.

Ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung vor dem AG am 28.4.2017 erging an deren Ende der Beschluss, dass das weitere Vorgehen von Amts wegen bestimmt wird.

Danach bestimmte das Gericht in der Folgezeit, dass die Beschilderung im Messbereich nochmals zu überprüfen sei. Hiernach stellte sich ein völlig anderer Sachverhalt heraus, als jener, welcher in der Hauptverhandlung vom 28.4.2017 zugrunde lag.

Hierauf hat die Klägerseite dem Gericht mit Schriftsatz vom 13.6.2017 – also ungefähr zwei Monate nach dem ersten Hauptverhandlungstermin – einen Kartenausschnitt mit dem Fahrweg des Beklagten überlassen.

Nach Auswertung des Kartenausschnitts hat hierauf das Gericht auf entsprechenden Antrag der Klägerseite das Verfahren gegen den Beschuldigten durch Beschl. v. 10.7.2017 eingestellt.

Aufgrund dieser Entscheidung, knapp drei Monate nach der ersten Hauptverhandlung, kann daher überhaupt nicht zweifelhaft sein, dass die Hauptverhandlung ausgesetzt und nicht lediglich unterbrochen wurde. Insoweit ist nämlich festzuhalten, dass zum Zeitpunkt des Einstellungsbeschlusses ein Fortsetzungstermin noch nicht bestimmt gewesen ist.

Deshalb ist der Klägerseite zuzugestehen, dass jedes Abbrechen der Verhandlung über den nach § 229 Abs. 1 u. Abs. 2 StPO höchst zulässigen Zeitraum hinaus gleichzeitig die Aussetzung der Hauptverhandlung bedeutet.

In der Konsequenz hätte deshalb ein neuer Hauptverhandlungstermin bestimmt werden müssen, mit welchem das Verfahren erneut von Anfang an durchzuführen gewesen wäre.

Dieser erneute Hauptverhandlungstermin ist jedoch mit Beschl. v. 10.7.2017 verhindert worden.

Danach ist auch die Erledigungsgebühr angefallen, sodass der Klage insgesamt stattzugeben ist.

entnommen von www.burhoff.de

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