Es war schon sehr gewagt, dass die Beklagte bei dieser gebührenrechtlich ziemlich eindeutigen Rechtslage gleichwohl ihre sofortige Beschwerde eingelegt hat. Es bleibt zu hoffen, dass deren Prozessbevollmächtigter seine Mandantin darüber belehrt hat, dass bereits nach dem Gesetzeswortlaut die sofortige Beschwerde aussichtslos ist. I.Ü. hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten möglicherweise gar nicht bemerkt, dass auch ihm die volle Verfahrensgebühr nach Nr. 3104 VV angefallen war, obwohl er selbst keinen Antrag gestellt hatte. Wie erörtert genügt zum Anfall der vollen Verfahrensgebühr die vertretungsbereite Anwesenheit des Rechtsanwalts im gerichtlichen Termin nach Aufruf der Sache. Auch für den Beklagtenvertreter griff hier der Ermäßigungstatbestand der Nr. 3105 VV bereits deshalb nicht ein, weil auch der Kläger ordnungsgemäß vertreten war.
Die Voraussetzungen für den Anfall der Terminsgebühr und für die Ermäßigung der vollen Gebühr sind im Grunde recht einfach.
1. Aufruf der Sache
Die Terminsgebühr erfordert die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins durch den Rechtsanwalt. Dieser Termin beginnt im Regelfall mit dem Aufruf der Sache durch das Gericht (BGH AGS 2010, 527 = RVGreport 2011, 63 [Hansens]). Dabei muss nicht notwendig der Termin förmlich aufgerufen werden. Es genügt, wenn das Gericht den Termin begonnen hat. Ein solcher Fall liegt bspw. dann vor, wenn die Anwälte im Sitzungssaal erschienen sind, das Gericht im Protokoll ihre Anwesenheit feststellt und die Sache dann ohne förmlichen Aufruf mit den Anwälten bespricht (BGH, a.a.O.; OLG Frankfurt AGS 2015, 568).
2. Vertretungsbereite Anwesenheit
Der Rechtsanwalt, der nach Aufruf der Sache im Gerichtssaal erscheint, nimmt den gerichtlichen Termin dann wahr, wenn er im Gerichtssaal vertretungsbereit anwesend ist (BGH AGS 2010, 65 = RVGreport 2010, 427 [Hansens]). Mehr erfordert der Gebührentatbestand der Terminsgebühr nicht. Der Rechtsanwalt muss somit weder einen förmlichen Antrag stellen noch sich überhaupt äußern.
3. Höhe der Terminsgebühr
Im Regelfall entsteht die Terminsgebühr in voller Höhe, wenn nicht einer der Ermäßigungstatbestände eingreift. Ein solcher Ermäßigungstatbestand ist Nr. 3105 VV, dessen Voraussetzungen in der Praxis gar nicht einmal so selten verkannt werden. Wird ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt, kommt der Ermäßigungstatbestand der Nr. 3105 VV nur dann zur Anwendung, wenn die Gegenpartei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und der erschienene Rechtsanwalt allein einen Antrag auf Versäumnisurteil gestellt hat. Jede weitere Tätigkeit des erschienenen Anwalts, auch in Säumnisfällen, geht über den Anwendungsbereich der Nr. 3105 VV hinaus, sodass die volle Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV anfällt. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gericht die Sache einseitig mit dem erschienenen Rechtsanwalt erörtert. Diese Erörterung kann die Schlüssigkeit (BGH AGS 2007, 226 = RVGreport 2007, 187 [Hansens]; KG RVGreport 2006, 184 [Ders.]), die Sach- und Rechtslage (OLG Naumburg AGS 2014, 388) oder die Zulässigkeit der Klage (KG RVGreport 2009, 18 [Hansens]; OLG Frankfurt AGS 2017, 452 = RVGreport 2017, 383 [Ders.]) betreffen.
4. Verfahrensweise des Rechtsanwalts
Im entschiedenen Fall ergab sich der Anfall der vollen Terminsgebühr und damit die Unbegründetheit der sofortigen Beschwerde der Beklagten direkt aus der Sitzungsniederschrift. Allein der Umstand, dass dort das Erscheinen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten aufgeführt wurde, sprach gegen den Anfall der verminderten Terminsgebühr. Auch die Erörterung der Sach- und Rechtslage zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits war hier in der Sitzungsniederschrift protokolliert worden.
In anderen Fallgestaltungen hat es der Rechtsanwalt schwerer, den Anfall der vollen Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren darlegen und im Streitfall glaubhaft machen zu können. Dies gilt insbesondere bei einseitigen Erörterungen zwischen dem Gericht und dem allein erschienenen Prozessbevollmächtigten einer Partei. Diese sind nämlich im Protokoll nicht zwingend festzustellen (s. § 160 Abs. 3 ZPO). Deshalb sollte der Rechtsanwalt den Richter bitten, auch die einseitige Erörterung im Protokoll festzuhalten, was unter die Regelung des § 160 Abs. 2 ZPO fallen kann, wonach die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung im Protokoll aufzunehmen sind. Unabhängig hiervon sollte sich der Rechtsanwalt möglichst kurzfristig einen Vermerk über den Inhalt der mündlichen Verhandlung machen und diesen zu den Handakten nehmen. Dann kann er nämlich ohne Probleme später im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO oder im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG zu den die Ermäßigung der Terminsgebühr ausschließenden Vorgängen in der mündlichen Verhandlung vortragen und ggf. diese durch eigene anwaltliche oder eidesstattliche Versicherung glaubhaft machen. Außerdem kann sich der Rechtsanwalt auch auf die dienstliche Erklärung des betreffenden Richters beziehen, der sich allerdings ni...