Die Klägerin macht mit berichtigtem Kostenfestsetzungsantrag unter anderem Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten für den Gerichtstermin und für die Teilnahme an dem vom gerichtlich bestellten Sachverständigen bestimmten Ortstermin geltend. Streitig ist unter den Parteien, ob die Teilnahme des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an dem vom gerichtlich bestellten Sachverständigen bestimmten Ortstermin erforderlich und die dadurch entstandenen Reisekosten damit erstattungsfähig i.S.v. § 91 ZPO sind.

Die Beklagte zu 1) begründet die Ablehnung der Erstattungsfähigkeit damit, dass die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten zu dem Ortstermin nicht notwendig war, da keinerlei juristische Sachverhalte zu klären waren, sondern lediglich die Örtlichkeit und die beteiligten Fahrzeuge des schadensursächlichen Verkehrsunfalls zu besichtigen gewesen seien.

Die Klägerin begründet die Notwendigkeit der Teilnahme des Prozessbevollmächtigten an dem Ortstermin damit, dass der Ortstermin Teil des Beweisaufnahmeverfahrens ist und der Sachverständige alle Beteiligten über den Ortstermin informiert hat. Aus Sicht der Klägerin war die Teilnahme ihres Prozessbevollmächtigten damit zur Wahrung ihrer Rechte im Beweisaufnahmeverfahren erforderlich.

Die von der Beklagten zu 1) geltend gemachten Einwendungen greifen im vorliegenden Falle nicht.

Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung i.S.v. § 91 ZPO notwendig waren, kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Insoweit hat der BGH bereits entschieden, dass die Zuziehung eines Rechtsanwaltes zu einem Beweistermin in der Regel notwendig ist, da die Partei ein schützenswertes Interesse daran hat, dass der Anwalt ihres Vertrauens auch ihre Interessen bei der Beweiserhebung wahrnimmt (BGH, Beschl. v. 16.12.2004 – I ZB 23/04).

Die Notwendigkeit der Teilnahme des Rechtsanwaltes kann nicht darauf reduziert werden, ob juristische Fragen in dem Ortstermin zu klären sind. Vielmehr folgt die Notwendigkeit bereits aus dem grundlegenden Recht der Partei auf Teilnahme am Ortstermin des Sachverständigen und Wahrung ihrer Rechte im Beweisaufnahmeverfahren. Die Beteiligten haben dabei grds. das Recht, dem Sachverständigen Fragen zu stellen und Hinweise zu geben, um dazu beizutragen, dass dem Gutachten eine zutreffende Tatsachenermittlung zugrunde gelegt werden kann. Zugleich können sich alle Beteiligten einen persönlichen Eindruck von den Örtlichkeiten verschaffen, um so eine ausreichende Grundlage für ihren Sachvortrag und die rechtliche Bewertung zu erhalten. Daher bleibt festzuhalten, dass eine Partei grds. ihren Prozessbevollmächtigten zu dem vom gerichtlich bestellten Sachverständigen bestimmten Ortstermin hinzuziehen kann, um ihre Rechte im Rahmen der Beweisaufnahme angemessen wahren zu können.

Die Erstattungsfähigkeit lässt sich auch aus der Entscheidung des KG v. 15.2.2017 ableiten (Beschl. v. 15.2.2007 – 2 W 1/07 [= AGS 2007, 648]). Danach ist die durch die Teilnahme des Prozessbevollmächtigten der Partei an dem Ortstermin des gerichtlich bestellten Sachverständigen entstandene Terminsgebühr regelmäßig erstattungsfähig nach § 91 ZPO, ohne dass die Notwendigkeit der Terminsteilnahme besonderer Darlegung bedarf. Dieser Grundsatz muss auch für die durch die Teilnahme an dem Ortstermin entstandenen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten gelten.

Die Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind damit für die Teilnahme an dem von Gericht beauftragten Sachverständigen bestimmten Ortstermin als erstattungsfähige Kosten der notwendigen Rechtsverfolgung in die Kostenausgleichung einzubeziehen.

AGS 1/2019, S. 45

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