Mitunter kommt es vor, dass gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt wird und das Amtsgericht dann die Sache an die Bußgeldstelle nach § 69 Abs. 5 S. 1 OWiG zurückgibt. Die Frage ist, wie dann im weiteren Verlauf des Verfahrens abzurechnen ist.

 

Ausgangsfall

Gegen den Betroffenen wird wegen einer Ordnungswidrigkeit ermittelt und schließlich ein Bußgeld i.H.v. 1.800,00 EUR verhängt. Hiergegen legt der Verteidiger Einspruch ein. Die Verwaltungsbehörde hilft dem Einspruch nicht ab. Der Verteidiger weist darauf hin, dass der Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt sei. Daraufhin verweist der Richter die Sache gem. § 69 Abs. 5 S. 1 OWiG an die Bußgeldbehörde wegen offensichtlich ungenügender Aufklärung zurück.

Der Verteidiger erhält im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde zunächst einmal die Grundgebühr nach Nr. 5100 VV. Hinzu kommen die Verfahrensgebühr nach Nr. 5103 VV. Ausgehend von den Mittelgebühren ergibt sich damit folgende Berechnung:

 
Praxis-Beispiel
 
I. Verfahren vor der Verwaltungsbehörde
1. Grundgebühr, Nr. 5100 VV   100,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 5103 VV   160,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 280,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   53,20 EUR
Gesamt 333,20 EUR

Mit Abgabe der Sache an das Gericht ist das erstinstanzliche gerichtliche Verfahren eingeleitet (arg. e Vorbem. 5.1.2 Abs. 1 VV), so dass gem. § 17 Nr. 11 RVG eine neue Angelegenheit beginnt. Der Verteidiger verdient hier eine weitere Verfahrensgebühr (Vorbem. 5 Abs. 2 VV), diesmal nach Nr. 5109 VV nebst weiterer Postentgeltpauschale.

 
Praxis-Beispiel
 
II. Erstinstanzliches gerichtliches Verfahren
1. Verfahrensgebühr, Nr. 5109 VV   160,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 180,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   34,20 EUR
Gesamt 214,20 EUR

Rückgabe an Verwaltungsbehörde löst keine neue Angelegenheit aus

Aufgrund der Rückgabe der Akten an die Verwaltungsbehörde entsteht im gerichtlichen Verfahren keine weitere Gebühr. Insbesondere liegt kein Fall der Zusätzlichen Gebühr nach Nr. 5115 VV vor. Zwar ist eine Hauptverhandlung nicht durchgeführt worden; das Verfahren ist aber mit der Rückgabe an die Verwaltungsbehörde noch nicht erledigt.

Rückgabe an Verwaltungsbehörde löst keine neuen Gebühren aus

Mit der Rückgabe der Sache an die Verwaltungsbehörde entstehen dort zunächst einmal keine neuen Gebühren. Das frühere Verfahren und das jetzt fortgesetzte Verfahren bilden eine Einheit (§ 15 Abs. 5 S. 1 RVG), in der die Gebühren nur einmal entstehen können (§ 15 Abs. 2 RVG). Es liegt auch kein Fall einer Zurückverweisung nach § 21 RVG vor, da es sich beim AG nicht um ein Rechtsmittelgericht handelt.

Die weitere Vergütung hängt jetzt davon ab, wie die Verwaltungsbehörde auf die Rückgabe reagiert.

 

Fortsetzung 1

Die Verwaltungsbehörde stellt das Verfahren ein.

Bei Einstellung entsteht Zusätzliche Gebühr

Stellt die Verwaltungsbehörde das Verfahren ein, entsteht zusätzlich noch die Gebühr nach Nr. 5115 VV, und zwar im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde. Als Mitwirkung reicht insoweit die Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren aus.

 
Hinweis

Der anwaltliche Antrag, ein Verfahren wegen offensichtlich mangelhafter Sachverhaltsaufklärung unter Einholung der Zustimmung der Staatsanwaltschaft an die Bußgeldstelle zurückzuverweisen, begründet eine Erledigungsgebühr nach Nr. 5115 VV für den beteiligten Rechtsanwalt für die Mitwirkung am Verfahren zur Vermeidung der Hauptverhandlung, wenn die Behörde das Verfahren dann später einstellt.

AG Stadtroda, Beschl. v. 12.11.2015 – 8 OWi 23/15, AGS 2016, 8 = StRR 2015, 443 = RVGreport 2016, 21 = NJW-Spezial 2016, 61 = RVGprof. 2016, 84

Verfahrensgebühr kann höher angesetzt werden

Möglicherweise kann der Verteidiger jetzt auch die bisherige Verfahrensgebühr noch höher ansetzen. Die Vorschrift des § 315 BGB stünde dem nicht entgegen. Da nach Abschluss des ursprünglichen Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde für den Verteidiger nicht vorhersehbar war, dass er im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde erneut tätig werden würde, konnte diese weitere Tätigkeit bei der ursprünglichen Abrechnung nicht berücksichtigt werden, so dass jetzt die weitere Tätigkeit gebührenerhöhend berücksichtigt werden darf. Insoweit soll hier von einem Aufschlag i.H.v. 30 % ausgegangen werden.

Es ist also jetzt mit dieser Maßgabe eine neue "Schluss"-Rechnung zu erstellen und zwar unter Berücksichtigung der bereits abgerechneten Beträge.

 
Praxis-Beispiel
 
III. Verfahren vor der Verwaltungsbehörde (Nachberechnung aufgrund Fortsetzung)
1. Grundgebühr, Nr. 5100 VV   100,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 5103 VV   208,00 EUR
  (30 % über Mittelgebühr)    
3. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 5115, 5109 VV   160,00 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
5. ./. bereits gezahlter (netto)   – 280,00 EUR
  Zwischensumme 208,00 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   39,52 EUR
Gesamt 247,52 EUR

Zusätzliche Gebühr entsteht auch bei Neubescheidung

Stellt die Verwaltungsbehörde das Ver...

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