Probleme bereitet in der Praxis die Abrechnung der Terminsgebühr, wenn der Anwalt außergerichtliche Besprechungen zur Erledigung mehrerer anhängiger Verfahren führt.

Außergerichtliche Vergleichsverhandlungen gehören zum Rechtszug

Zunächst einmal wird häufig verkannt, dass außergerichtliche Vergleichsverhandlungen nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 RVG zum Rechtszug gehören und daher keine Geschäftsgebühr auslösen. Abgegolten werden solche Verhandlungen gem. § 15 Abs. 1 RVG vielmehr durch die Verfahrens- und Terminsgebühren nach Teil 3 VV und – wenn es zur Einigung kommt – durch eine Einigungsgebühr.

Keine gesonderte Angelegenheit

Es liegt jedoch keine gesonderte Angelegenheit vor. Vielmehr entstehen die Gebühren in den jeweiligen gerichtlichen Verfahren.

Die Frage ist, ob die Terminsgebühr in solchen Fällen nur einmal aus dem Gesamtwert abgerechnet werden kann oder ob aus den jeweiligen Verfahren gesonderte Terminsgebühren entstehen.

 

Beispiel

Zwischen den Parteien sind zwei Rechtsstreite anhängig, der eine mit einem Gegenstandswert von 4.000,00 EUR (Az. 1/12) und der andere mit einem Gegenstandswert von 6.000,00 EUR (Az. 2/12). Ein gerichtlicher Termin hat in beiden Sachen noch nicht stattgefunden.

Zur Erledigung der gerichtlichen Verfahren halten die Anwälte eine Besprechung ab, in der sie versuchen, eine Gesamtlösung zu finden, durch die sich beide Verfahren erledigen würden. Eine solche Einigung kommt jedoch nicht zustande.

Terminsgebühren entstehen gesondert

Abzurechnen sind in diesem Fall zwei Terminsgebühren. Der Besprechung liegen zwei verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG zugrunde, weil verschiedene Rechtsstreite jeweils gesonderte Angelegenheiten sind. Alleine dass eine gemeinsame Besprechung durchgeführt wird, ist insoweit ohne Einfluss. Solange mehrere Verfahren nicht förmlich verbunden sind, liegen mehrere Angelegenheiten vor, so dass die Gebühren gesondert entstehen.

Für gemeinsame Verhandlung vor Gericht anerkannt

Dies ist u.a. für den Fall anerkannt, dass das Gericht – ohne die Verfahren zu verbinden – sie gemeinsam verhandelt. Durch das gemeinsame Verhandeln werden die verschiedenen Verfahren noch nicht zu einem, so dass die Terminsgebühren gesondert entstehen (OLG Düsseldorf AGS 2009, 269 = OLGR 2009, 455 = RVGreport 2009, 220; BVerwG NJW 2010, 1391 = RVGreport 2010, 186 = DVBl 2010, 663; OVG Lüneburg AGS 2010, 229 = NdsRpfl 2010, 134 = NVwZ-RR 2010, 540 = JurBüro 2010, 191 = RVGreport 2010, 255; Bayerischer VGH BayVBl 2008, 30 = NVwZ-RR 2008, 504; OVG Nordrhein-Westfalen AGS 2009, 576 = JurBüro 2009, 529 = RVGreport 2009, 345 = NJW 2010, 955).

Gleiches muss dann erst recht gelten, wenn die Besprechungen außergerichtlich geführt werden. Dies hat der BGH auch bereits in den Beschlussgründen seiner Entscheidung vom 13.12.2011 (AGS 2012, 124 = NJW-RR 2012, 314 = MDR 2012, 376 = Rpfleger 2012, 287 = AnwBl 2012, 286 = FamRZ 2012, 545 = FamRB 2012, 115 = RVGreport 2012, 148) bestätigt. Die Aussage des BGH in dieser Entscheidung wird leider nicht genügend beachtet, da sich die Entscheidung vorwiegend mit einer anderen Rechtsfrage befasst. Ebenso bereits OLG München (AGS 2010, 122 = MDR 2010, 531 = JurBüro 2010, 191 = RVGreport 2010, 102 = FamRZ 2010, 923).

Keine Begrenzung auf eine Gebühr aus dem Gesamtwert

Es findet auch keine Begrenzung auf den Wert einer einheitlichen Terminsgebühr aus der Addition der Streitwerte beider Verfahren statt.

Im Beispiel ist also jedes der beiden Verfahren gesondert nach dem jeweiligen Streitwert des Verfahrens abzurechnen. Dies ergibt folgende Berechnung:

 
Praxis-Beispiel

I. Verfahren 1/12 (Wert: 4.000,00 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    318,50 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   294,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 632,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   120,18 EUR
Gesamt 752,68 EUR

II. Verfahren 2/12 (Wert: 6.000,00 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    439,40 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   405,60 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 865,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   164,35 EUR
Gesamt 1.029,35 EUR

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