Verjährung beginnt mit Fälligkeit

Nach § 199 Abs. 1 BGB verjähren anwaltliche Vergütungsforderungen nach Ablauf von drei Jahren. Der Ablauf der Verjährungsfrist beginnt nach dem Wortlaut des § 199 Abs. 1 BGB mit dem "Entstehen des Anspruchs". Eine anwaltliche Vergütungsforderung entsteht zwar bereits mit Auftragserteilung und entsprechender Tätigkeit des Anwalts; der Anwalt kann die Vergütung jedoch erst mit Eintritt der Fälligkeit einfordern. Daraus folgt, dass die Verjährungsfrist für die anwaltliche Vergütung also nicht bereits mit dem Entstehen des Vergütungsanspruchs zu laufen beginnt, sondern erst mit Eintritt der Fälligkeit.

Mitteilung einer Kostenrechnung ist nicht erforderlich

Ob der Anwalt zu diesem Zeitpunkt bereits eine ordnungsgemäße Kostenrechnung erstellt hat oder nicht, ist für den Beginn und den Ablauf der Verjährungsfrist unerheblich (§ 10 Abs. 2 S. 2 RVG). Maßgebend ist der Zeitpunkt, ab dem der Anwalt hätte abrechnen können. Daher kann es durchaus vorkommen, dass eine Vergütung verjährt, ohne dass jemals eine ordnungsgemäße Kostenrechnung erteilt worden ist und die Vergütung damit nie durchsetzbar war.

Erledigung des Auftrags oder Beendigung der Angelegenheit

Fällig wird die Vergütung immer mit Erledigung des Auftrags oder mit Beendigung der Angelegenheit (§ 8 Abs. 1 RVG). Der Auftrag ist erledigt (§ 8 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. RVG), wenn der Rechtsanwalt seinen Verpflichtungen aus dem Anwaltsdienstvertrag vollständig nachgekommen ist oder dem Anwalt die Fortsetzung seiner geschuldeten Tätigkeit unmöglich wird. Die Vergütung wird nach § 8 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. RVG auch dann fällig, wenn die gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG beendet ist. Mitunter wird dieser Zeitpunkt mit der Erledigung des Auftrags zusammenfallen. Dies muss jedoch nicht sein. Ein einheitlicher Auftrag kann durchaus mehrere Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne umfassen.

Besondere Fälligkeitstatbestände in gerichtlichen Verfahren

Für gerichtliche Verfahren ist darüber hinaus § 8 Abs. 1 S. 2 RVG zu beachten. Hier kann eine Fälligkeit schon vor Erledigung oder Beendigung der Angelegenheit eintreten, nämlich bei

Erlass einer Kostenentscheidung (§ 8 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. RVG),
Beendigung des Rechtszugs (§ 8 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. RVG) oder
Ruhen des Verfahrens mehr als drei Monate (§ 8 Abs. 1 S. 2, 3. Alt. RVG).

Keine Fälligkeit durch Erledigung oder Beendigung

Die erste Variante (Erlass einer Kostenentscheidung) hat im Verbundverfahren Bedeutung. Werden Folgesachen – ausgenommen Kindschaftssachen – abgetrennt (§ 140 FamFG) und wird sodann im Rahmen einer Vorwegentscheidung über die Ehesache – und ggfs. bereits entscheidungsreife Folgesachen – entschieden, bleibt der Verbund nach § 137 Abs. 5 S. 1 RVG erhalten. Für den Anwalt bleibt es damit bei einer einzigen Gebührenangelegenheit (§ 16 Nr. 4 RVG). In diesen Fällen ist also weder die Angelegenheit beendet noch ist der Auftrag erledigt, da sich der Verbund noch fortsetzt. Eine Fälligkeit nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG kommt in diesem Fall daher nicht in Betracht.

Fälligkeit bei Kostenentscheidung

Hat das Gericht im Rahmen der Vorwegentscheidung auch eine Kostenentscheidung erlassen, dann greift insoweit allerdings § 8 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. RVG. Die Gebühren und Auslagen, die bis zum Erlass der Kostenentscheidung entstanden sind, werden damit vorzeitig fällig.

Fälligkeit bei Beendigung des Rechtszugs

Die zweite Variante (die Beendigung des Rechtszugs) hat im Verbundverfahren ebenfalls Bedeutung. Wird gem. § 140 FamFG über die Ehesache und ggfs. auch einzelne Folgesachen vorab entschieden, ohne dass schon eine Kostenentscheidung ergeht, greift jetzt die Fälligkeit nach § 8 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. RVG, da hinsichtlich der Ehesache und eventuell vorab mitentschiedener Folgesachen der Rechtszug beendet ist.

 

Beispiel

Im Verbundverfahren (Ehesache: 6.000,00 EUR, Versorgungsausgleich: 1.200,00 EUR und elterliche Sorge: 1.200,00 EUR) wird das Verfahren über den Versorgungsausgleich gem. § 140 Abs. 2 Nr. 2 FamFG abgetrennt. Sodann wird über die Ehesache und die elterliche Sorge vorab am 11.11.2013 entschieden. Die Kosten des Verfahrens werden gem. § 150 FamFG gegeneinander aufgehoben. Eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich ergeht am 20.1.2015.

Da mit der Vorabentscheidung über die Ehesache und die elterliche Sorge der Rechtszug insoweit beendet war und zudem auch noch eine Kostenentscheidung ergangen ist, ist die Vergütung hieraus mit der Vorabentscheidung am 11.11.2013 fällig geworden (§ 8 Abs. 2 S. 2, 1. u. 2. Alt. RVG). Damit konnte der Anwalt folgende Vergütung abrechnen:

 
Praxis-Beispiel

I. Verbundverfahren nach Entscheidung über Ehesache und elterliche Sorge

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   592,80 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   547,20 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.160,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   220,40 EUR
Gesamt 1.380,40 EUR

Die weitere Vergütun...

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