Nach zwischenzeitlich einhelliger Rspr. fällt eine Terminsgebühr nicht an, wenn über den abgetrennten Versorgungsausgleich im schriftlichen Verfahren entschieden wird (siehe zuletzt OLG Hamburg AGkompakt 2013, 50 [in diesem Heft]). Zwar sprechen auch beachtliche Argumente für die gegenteilige Auffassung. Im Folgenden soll jedoch von der herrschenden Rspr. ausgegangen werden.

Unter den Voraussetzungen des Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG, also in den Fällen, in denen das Scheidungsverfahren vor dem 1.9.2009 eingeleitet und der Versorgungsausgleich vor dem 1.9.2010 abgetrennt worden ist, bildet das abgetrennte Verfahren über den Versorgungsausgleich eine eigene selbstständige Angelegenheit gegenüber dem Scheidungsverbundverfahren, und zwar auch dann, wenn das Verfahrensrecht den Status als Folgesache grundsätzlich aufrechterhalten würde. Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG ist vorrangig gegenüber § 137 Abs. 5 S. 1 FamFG.

Scheidungsverfahren und abgetrenntes Versorgungsausgleichsverfahren sind daher gesondert abzurechnen. Allerdings gilt die Besonderheit des § 21 Abs. 3 RVG, wonach der Versorgungsausgleich als Folgesache im Verbund und als abgetrenntes Verfahren eine Angelegenheit darstellt. Das wiederum hat zur Folge, dass der Anwalt seine Vergütung hinsichtlich der Folgesache Versorgungsausgleich und der abgetrennten Sache Versorgungsausgleich nach § 15 Abs. 1 RVG nur einmal verlangen kann.

Entgegen der häufig anzutreffenden Bezeichnung werden die im Scheidungsverfahren aus der Verbundsache Versorgungsausgleich angefallenen Gebühren allerdings nicht "angerechnet" i.S. einer Anrechnung nach § 15a Abs. 1 RVG. Der Anwalt erhält seine Vergütung vielmehr insgesamt nur ein einziges Mal. Ihm steht insoweit ein Wahlrecht zu, wobei dieses Wahlrecht hinsichtlich der einzelnen Gebühren und Auslagen unterschiedlich ausgeübt werden kann. Er kann also hinsichtlich der Gebühren- und Auslagenposition entscheiden, ob er sie im Verbund oder im abgetrennten Verfahren abrechnet.

Wählt der Anwalt die getrennte Abrechnung, so kann er die nach Abtrennung entstandenen Gebühren aus dem Versorgungsausgleich gesondert neben den Gebühren des Scheidungsverbundverfahrens (ohne Versorgungsausgleich) verlangen. Die im Scheidungsverbundverfahren eventuell bereits aus dem Versorgungsausgleich abgerechneten Gebühren und Auslagen, soweit sie aus dem Versorgungsausgleich entstanden sind, müssen dann aber im Wege der "Verrechnung" abgezogen bzw. gutgeschrieben werden.

Insoweit kommen hinsichtlich der Terminsgebühr vier Fälle in Betracht:

Die Terminsgebühr ist sowohl im Scheidungsverbundverfahren als auch im abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahren angefallen.
Die Terminsgebühr ist im Scheidungsverbundverfahren nicht angefallen, wohl aber im abgetrennten Verfahren über den Versorgungsausgleich.
Die Terminsgebühr ist nur im Scheidungsverbundverfahren angefallen, nicht aber auch im abgetrennten Verfahren über den Versorgungsausgleich.
Die Terminsgebühr ist in keinem der beiden Verfahren angefallen.
 

Beispiel 1

Das Scheidungsverfahren war in 2008 eingeleitet worden. Das dreifache Nettoeinkommen der Beteiligten belief sich auf 9.000,00 EUR. Auszugleichen sind auf Seiten jedes Ehegatten eine gesetzliche Anwartschaft und auf Seiten des Ehemannes eine betriebliche Anwartschaft. Über die Scheidung ist im Mai 2009 nach § 628 Abs. 2 Nr. 4 ZPO a.F. vorab entschieden worden; gleichzeitig ist der Versorgungsausgleich (Wert: 2.000,00 EUR) "abgetrennt" worden. Im Januar 2013 ist der Versorgungsausgleich wieder aufgenommen und darüber nach gerichtlicher Erörterung entschieden worden.

Abzurechnen war im Verbundverfahren zunächst wie folgt:

I. Verbundverfahren

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 11.000,00 EUR)   683,80 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 11.000,00 EUR)   631,20 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV    20,00 EUR
  Zwischensumme 1.335,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   253,65 EUR
Gesamt 1.588,65 EUR

Zu ermitteln ist jetzt der anzurechnende Betrag, indem die Gebühren aus dem vollen Wert des Verbundverfahrens mit Versorgungsausgleich berechnet und hiervon die fiktiven Gebühren des Verbundverfahrens ohne Versorgungsausgleich abgezogen werden.

II. Ermittlung des Anrechnungsbetrags

 
  1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (11.000,00 EUR) 683,80 EUR
./. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (9.000,00 EUR) -583,70 EUR
  1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (11.000,00 EUR) 631,20 EUR
./. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (9.000,00 EUR) -538,80 EUR
Gesamt 192,50 EUR

Im abgetrennten Verfahren Versorgungsausgleich entstehen jetzt die Gebühren nach dem Wert des § 50 FamGKG. Da drei Anrechte zu verteilen waren, beläuft sich der Verfahrenswert auf 30 % des dreifachen Nettoeinkommens (3 x 10 % x 9.000,00 EUR =) 2.700,00 EUR. Der Anwalt erhält also noch:

III. Abgetrenntes Verfahren Versorgungsausgleich

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 2.700,00 EUR)   245,70 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 2.700,00 EUR)   226,80 EUR
3. ./. bereits im Verbund abg...

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