Gebühren richten sich nach Nrn. 3311, 3312 VV

Die Gebühren des Anwalts in der Zwangsversteigerung richten sich nach Teil 3, Abschnitt 3, Unterabschnitt 4 VV, den Nrn. 3311, 3312 VV. Vorgesehen sind drei Verfahrensgebühren, nämlich für die Tätigkeit

bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens (Anm. Nr. 1 zu Nr. 3311 VV);
im Verteilungsverfahren, und zwar auch für eine Mitwirkung an einer außergerichtlichen Verteilung (Anm. Nr. 2 zu Nr. 3311 VV) und
im Verfahren über Anträge auf einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung und einstweilige Einstellung des Verfahrens sowie für Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner mit dem Ziel der Aufhebung des Verfahrens (Anm. Nr. 6 zu Nr. 3311 VV).

Darüber hinaus kann der Anwalt eine Terminsgebühr für die Wahrnehmung eines Versteigerungstermins für einen Beteiligten verdienen (Nr. 3312 VV).

Der Gegenstandswert in der Zwangsversteigerung bemisst sich nach § 26 RVG. Geht es nur um einen Schuldnerschutzantrag, ist die Hälfte der nach § 26 Nr. 2 RVG zu berechnenden Hauptsache anzusetzen (BGH AGS 2010, 541 = RVGreport 2009, 477).

Umfang der Angelegenheit ist strittig

Unklar und strittig ist, ob es sich bei den einzelnen Verfahrensabschnitten, für die jeweils gesonderte Verfahrensgebühren vorgesehen sind, um eigene selbstständige Angelegenheiten i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG handelt oder ob die gesamte Tätigkeit des Anwalts in der Zwangsversteigerung eine einzige Angelegenheit ist.

Mehrere Vollstreckungsschutzverfahren als eine Angelegenheit?

Darüber hinaus ist strittig, ob der Anwalt für mehrere Vollstreckungsschutzverfahren, z.B. für ein Verfahren über einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO und für davon getrennte Verhandlungen mit dem Gläubiger oder Schuldner über die Aufhebung des Versteigerungsverfahrens jeweils eine gesonderte Verfahrensgebühr erhält.

Mehrere Verfahrensgebühren sprechen für mehrere Angelegenheiten

Einerseits spricht § 15 Abs. 2 S. 1 RVG für mehrere Angelegenheiten. In derselben Angelegenheit kann jede Gebühr grundsätzlich nur einmal anfallen. Sieht das Gesetz mehrere Verfahrensgebühren für das Betreiben des Geschäfts vor, dann spricht dies im Umkehrschluss dafür, dass diese dann auch in verschiedenen Angelegenheiten entstehen. Für mehrere Angelegenheiten spricht auch, dass es sich jeweils um klar abgegrenzte Verfahrensabschnitte handelt.

Wortlaut und Systematik sprechen für eine Angelegenheit

Der Wortlaut der Nr. 3311 VV spricht hingegen dafür, dass es sich insgesamt um eine einzige Angelegenheit handelt, in der mehrere Verfahrensgebühren entstehen. Die verschiedenen Verfahrensgebühren sind in derselben Nummer des Vergütungsverzeichnisses geregelt. Wenn das Gesetz insoweit von mehreren Angelegenheiten ausgeht, wird dies ausdrücklich erwähnt (siehe Vorbem. 4.3 Abs. 3 VV).

Mehrere Vollstreckungsschutzverfahren als jeweils selbstständige Angelegenheit

Anders verhält es sich bei Schuldnerschutzanträgen nach Anm. Nr. 6 zu Nr. 3311 VV. Hier spricht insbesondere die Regelung des § 18 Abs. 1 Nr. 6 RVG dafür, dass jeder Schuldnerschutzantrag eine eigene selbstständige Angelegenheit darstellt. Nach dem Wortlaut der Nr. 18 Abs. 1 Nr. 6 RVG muss dies auf jeden Fall gelten, wenn mehrere Anträge nach § 765a ZPO gestellt werden (Bischof/Bräuer, Nr. 3311 Rn 24; Mayer/Kroiß/Gierl Nr. 3311 Rn 32; Hansens/Braun/Schneider/Volpert Rn 3335 ff.; a.A. AnwK-RVG/Wolf, Nr. 3311 Rn 17; Riedel/Sußbauer/Keller Teil 3 Abschnitt 3 Rn 84).

 

Beispiel

Der Anwalt erwirkt für seinen Auftraggeber wegen einer Gesamtforderung in Höhe von 30.000,00 EUR die Eintragung einer Zwangshypothek. Nach Eintragung stellt er den Antrag auf Versteigerung. Der Schuldner stellt einen Einstellungsantrag (Wert: 15.000,00 EUR), der abgelehnt wird. Später kommt es zu Verhandlungen über die Aufhebung der Versteigerung zwischen Gläubiger und Schuldner, die jedoch ebenfalls nicht zum Ergebnis führen.

Hiernach kommt es zur Versteigerung, an der der Anwalt teilnimmt. Im anschließenden Verteilungsverfahren nimmt er am Verteilungstermin teil. Der Erlös beträgt 50.000,00 EUR.

Verfahren auf Eintragung richtet sich nach Nr. 3309 VV

Das Verfahren auf Eintragung der Zwangshypothek ist ein Verfahren der Zwangsvollstreckung und wird nach Nr. 3309 VV vergütet. Der Gegenstandswert beträgt nach § 25 Abs. 1 RVG 30.000,00 EUR.

Im Versteigerungsverfahren entstehen Verfahrens- und Terminsgebühr

Im Versteigerungsverfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens (Anm. Nr. 1 zu Nr. 3311 VV) entsteht die Verfahrensgebühr nach Anm. Nr. 1 zu Nr. 3311 VV und im Versteigerungstermin eine Terminsgebühr nach Nr. 3312 VV. Der Gegenstandswert beläuft sich gem. § 26 Abs. 1 RVG auf den Wert der beizutreibenden Forderung zuzüglich der bisherigen Kosten der Zwangsvollstreckung und liegt hier daher bei 30.294,41 EUR.

Hinzu kommt eine weitere Verfahrensgebühr nach Anm. Nr. 2 zu Nr. 3311 VV für das Verteilungsverfahren aus dem gleichen Wert.

Die Tätigkeit im Verfahren auf Einstellung der Zwangsversteigerung nach § 765a ZPO löst ein...

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