Anrechnung wird geregelt

In § 58 Abs. 2 RVG wird der Gesetzgeber mit dem KostRÄG 2021 einen neuen Satz 2 einfügen, der eine klarstellende Anrechnungsregelung enthält. Hintergrund ist die Streitfrage, wie auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung anzurechnen ist, wenn der Anwalt vorgerichtlich vom Rechtsuchenden eine Wahlanwaltsgeschäftsgebühr erhalten hatte.

§ 58 Abs. 2 S. 2 RVG neu

Der neue § 58 Abs. 2 S. 2 RVG lautet wie folgt:

 
Hinweis

Ist eine Gebühr, für die kein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, auf eine Gebühr anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, so vermindert sich der Anspruch gegen die Staatskasse nur insoweit, als der Rechtsanwalt durch eine Zahlung auf die anzurechnende Gebühr und den Anspruch auf die ohne Anrechnung ermittelte andere Gebühr insgesamt mehr als den sich aus § 15a Absatz 1 ergebenden Gesamtbetrag erhalten würde.

 

Beispiel

Der Anwalt war außergerichtlich nach einem Gegenstandswert von 6.000,00 EUR für den Mandanten tätig. Hiernach kommt es zum Rechtsstreit, in dem der Anwalt seinem Mandanten im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet wird. Nach mündlicher Verhandlung ergeht ein Urteil. Vorgerichtlich hatte der Anwalt mit dem Mandanten wie folgt abgerechnet (alte Gebührenbeträge):

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   460,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 480,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   91,24 EUR
  Gesamt   571,44 EUR

Zum Teil wurde vertreten, dass die erhaltene Geschäftsgebühr in vollem Umfang hälftig anzurechnen sei. Dies ergab dann im gerichtlichen Verfahren folgende Berechnung (alte Gebührenbeträge):

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   460,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 230,10 EUR
  0,65 aus 6.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   424,80 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 674,90 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   128,23 EUR
  Gesamt   803,13 EUR

Nach anderer Auffassung war die hälftige Geschäftsgebühr zunächst auf die gesamte Differenz zwischen den Wahlanwaltsgebühren und den PKH-Gebühren anzurechnen. Danach war wie folgt zu rechnen (alte Gebührenbeträge):

 
Praxis-Beispiel
 
Differenzberechnung (Wahlanwaltsvergütung/PKH-Vergütung)
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 13 RVG   460,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. ./. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG   – 347,10 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG   424,80 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
4. ./. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   – 320,40 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
  Differenz   217,50 EUR

Dies ergab dann folgende Berechnung:

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG   347,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV, § 13 RVG – 230,10 EUR  
  anzurechnen    
  0,65 aus 6.000,00 EUR    
  davon nach § 58 Abs. 2 RVG anrechnungsfrei 217,50 EUR  
  verbleiben   – 12,60 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   320,40 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 674,90 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   128,23 EUR
  Gesamt   803,13 EUR

Anrechnung zunächst auf nicht gedeckte Wahlanwaltsgebühr

Nach neuem Recht ist ein Mittelweg zu gehen. Der neue § 58 Abs. 2 S. 2 RVG stellt Folgendes klar: Ist eine Gebühr, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht besteht, auf eine Gebühr anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, vermindert sich der Anspruch gegen die Staatskasse insoweit, als der Rechtsanwalt insgesamt durch eine Zahlung auf die anzurechnende Gebühr und den Anspruch auf die ohne Anrechnung ermittelte andere Gebühr mehr als den sich aus § 15a Abs. 1 RVG ergebenden Gesamtbetrag erhalten würde.

Vereinfacht ausgedrückt: Die Differenz zwischen dem jeweiligen Gebührenbetrag aus § 13 RVG und dem aus § 49 RVG bleibt anrechnungsfrei.

Nach neuem Recht (und den neuen Gebührenbeträgen) ergibt sich im Beispiel damit folgende Berechnung:

 
Praxis-Beispiel
 
I. Außergerichtliche Vertretung    
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV, § 13 RVG   507,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 527,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   100,13 EUR
  Gesamt   627,13 EUR
 
II. Gerichtliches Verfahren    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG   383,50 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV, § 13 RVG – 253,50 EUR  
  anzurechnen,    
  0,65 aus 6.000,00 EUR    
  davon nach § 58 Abs. 2 S. 2 RVG anrechnungsfrei 123,50 EUR  
  (507,00 EUR – 383,50 EUR)    
  verbleiben   – 130,00 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   354,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 627,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   119,23 EUR
  Gesamt   746,73 EUR

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