Verfahrenswert des VA beläuft sich auf 10 % des 3fachen Nettoeinkommens beider Eheleute

In Verfahren über den Versorgungsausgleich ist der Verfahrenswert gemäß § 50 Abs. 1 FamGKG grundsätzlich mit 10 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Eheleute festzusetzen. In Verfahren nach der Scheidung (gemeint sind damit Verfahren nach den §§ 20 ff. VersAusglG; siehe dazu die Überschrift zu Kapitel 2 Abschnitt 3 VersAusglG "Ausgleichsansprüche nach der Scheidung") sind 20 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Eheleute anzusetzen.

Alle Anrechte sind zu berücksichtigen

Geklärt sein dürfte inzwischen, dass insoweit sämtliche Anrechte zu berücksichtigen sind und nicht nur diejenigen Anrechte, hinsichtlich derer das Gericht einen Ausgleich anordnet. Daher sind auch diejenigen Anrechte zu bewerten, bei denen der Versorgungsausgleich nicht stattfindet:

nach § 3 Abs. 3 VersAusglG wegen kurzer Ehezeit (OLG Düsseldorf AGS 2010, 398 = FuR 2010, 525 = FamRZ 2010, 2102 = JurBüro 2011, 259 = RVGreport 2010, 397 = ZFE 2010, 428; OLG Jena AGS 2011, 387 = FamRZ 2012, 128 = FuR 2011, 540 =RVGreport 2011, 314),
nach § 18 VersAusglG wegen Geringfügigkeit (OLG Brandenburg FamRZ 2014, 1808 = AGS 2014, 569 = NZFam 2014, 1158),
nach §§ 6, 8 VersAusglG wegen vertraglichen Ausschlusses (OLG München AGS 2011, 389 = FamRZ 2011, 1813 = RVGreport 2011, 313 = FF 2012, 43) oder
nach § 27 VersAusglG wegen grober Unbilligkeit (OLG Köln FF 2013, 332 = FamRZ 2013, 1910).

Auch in diesen Fällen muss das Gericht sich mit dem Versorgungsausgleich befassen und darüber eine Entscheidung treffen (siehe § 224 Abs. 3 FamFG).

Unterbliebener Ausgleich kein Grund zur Ermäßigung

Es ist inzwischen auch wohl einhellige Auffassung, dass der unterbleibende Ausgleich für sich genommen kein Grund ist, wegen Unbilligkeit gemäß § 50 Abs. 3 FamGKG vom Regelwert Abstand zu nehmen (OLG Naumburg AGS 2013, 413). Eine solche Ermäßigung wegen Unbilligkeit kommt nur dann in Betracht, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls eine Abweichung gerechtfertigt ist. Die vorgenannten Fälle, in denen ein Ausgleich unterbleibt, stellen jedoch keinen Einzelfall dar, sondern kommen regelmäßig vor.

Problem: Anrecht ohne Ehezeitanteile

Umstritten ist allerdings nach wie vor, wie solche Anrechte zu bewerten sind, bei denen die Auskunft ergibt, dass in der Ehezeit keine relevanten Anteile erworben worden sind.

Nach Auffassung des OLG Stuttgart (AGS 2010, 557 = FamRZ 2011, 134 = NJW-RR 2011, 227 = FamFR 2010, 493 = FF 2011, 130) sind auch solche Anrechte zunächst einmal mit jeweils 10 % des dreifachen Nettoeinkommens zu berücksichtigen. Hiernach sei dann im Einzelfall zu prüfen, ob eine Ermäßigung des Wertes nach § 50 Abs. 3 FamGKG in Betracht komme, ggfs. dahingehend, dieses Anrecht bei der Gesamtbewertung völlig außer Ansatz zu lassen.

Die überwiegende Rspr. geht dagegen davon aus, dass solche Anwartschaften, bei denen in der Ehezeit keine Anteile erworben worden sind, gänzlich unberücksichtigt bleiben (OLG Koblenz AGS 2011, 456; OLG Karlsruhe AGS 2013, 472 = NJW-RR 2014, 68 = FamRZ 2014, 1226 = NJW-RR 2014, 68; OLG Bamberg AGS 2016, 191 = JurBüro 2016, 95 = FamRZ 2016, 657 = NZFam 2016, 133 = FuR 2016, 301 = NJW-Spezial 2016, 349; OLG Frankfurt AGS 2017, 228 = NZFam 2017, 376 = FuR 2017, 561 = NJW-Spezial 2017, 476 = FamRZ 2017, 1773; OLG Hamburg AGS 2012, 536 = MDR 2012, 1229 = FamFR 2012, 492 = FF 2012, 512 = FamRZ 2013, 149 = FamRB 2013, 48 = FuR 2013, 173 = FuR 2013, 343). Insoweit soll es auch irrelevant sein, ob zunächst Auskünfte eingeholt worden seien. Ergäben die Auskünfte, dass keine ehezeitrelevanten Anteile erworben worden seien, bleibe das betreffende Anrecht außer Ansatz. Dies hatte zuletzt das OLG Frankfurt (AGS 2017, 228 = NZFam 2017, 376 = FuR 2017, 561 = NJW-Spezial 2017, 476 = FamRZ 2017, 1773) nochmals ausführlich begründet. Eine Berücksichtigung des Anrechts bei der Wertbestimmung setze voraus, dass die Einbeziehung in den Versorgungsausgleich zumindest in Betracht komme und eine Entscheidung hierüber ergehe. Allein der Umstand, dass das FamG im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht Auskünfte bei den Versorgungsträgern wegen möglicher in den Versorgungsausgleich fallender Anrechte einhole, rechtfertige es nicht, diese in die Wertbemessung nach § 50 Abs. 1 FamGKG einzubeziehen.

Die vorgenannten Entscheidungen, die die herrschende Meinung stützen, betrafen jeweils Fälle, in denen neben auszugleichenden Anrechten weitere Anrechte der Eheleute vorhanden waren, die keine ehezeitrelevanten Anteile aufwiesen. Das hatte zur Folge, dass für den Versorgungsausgleich aber immerhin noch ein Wert "verblieb", nämlich der Wert derjenigen Anwartschaften, die ehezeitrelevante Anteile aufwiesen.

Nunmehr hatte sich das FamG Berlin-Schöneberg (Beschl. v. 15.1.2018 – 87 F 374/16) mit dem Fall zu befassen, dass beide Eheleute über jeweils eine gesetzliche Anwartschaft verfügten, die Ehe aber erst nach Eintritt des Renten-/Pensionsalters geschlossen worden war. Beide Ehegatten hatten...

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