Leitsatz

Meldet eine Partei im Falle der Verteilung der Kosten des Rechtsstreits nach Quoten die ihr entstandenen Kosten zur Festsetzung an, so ist die andere Partei nicht verpflichtet, ihre Kosten ebenfalls in diesem Verfahren zur Ausgleichung anzumelden.

Sie ist berechtigt, ihren eigenen Festsetzungsantrag erst nach einseitiger Festsetzung der Kosten des Gegners zu stellen.

LG Frankfurt/M., Beschl. v. 11.7.2011 – 2-11 T 73/11

1 I. Der Fall

Die Klägerin hatte 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens und des Vergleichs zu tragen. Zunächst reichte der Vertreter der Beklagten seine Kostenrechnung ein und beantragte Kostenausgleichung gem. § 106 ZPO. Der Aufforderung des Gerichts gem. § 106 Abs. 1 S. 1 ZPO an den Klägervertreter, ebenfalls seine Kostenrechnung einzureichen, kam dieser nicht nach. Stattdessen teilte er dem Gericht mit, dass sich die Klägerin nicht an der Kostenausgleichung beteiligen wolle und Kostenfestsetzung für die Beklagte erfolgen könne. Nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses für die Beklagte beantragte der Klägervertreter die Festsetzung der anteiligen Kosten der Klägerin gegen die Beklagte. Die Rechtspflegerin des AG wies diesen Kostenfestsetzungsantrag wegen Rechtsmissbrauchs und fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig zurück. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin war beim LG erfolgreich und führte zur Aufhebung des Beschlusses des AG.

2 II. Die Entscheidung

Nachträglicher Antrag ist niemals rechtsmissbräuchlich

Das LG hat zunächst darauf hingewiesen, dass § 106 ZPO im Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit eine doppelte Festsetzung der Kosten durch den Rechtspfleger verhindern soll. Allerdings lässt § 106 Abs. 2 S. 2 ZPO zu, dass eine Partei bei Kostenquotelung nachträglich einen Kostenfestsetzungsantrag stellen kann. Hierbei macht es für das LG keinen Unterschied, ob sich die andere Partei innerhalb der Wochenfrist des § 106 ZPO nicht meldet oder ob sie ausdrücklich mitteilt, dass sie sich an dem Kostenfestsetzungsverfahren der Gegenseite nicht beteiligt, und einen nachträglichen eigenen Festsetzungsantrag ankündigt. Ein späterer Antrag ist auch in dem zuletzt genannten Fall nicht rechtsmissbräuchlich. Denn es ist anerkannt, dass die säumige Partei grundsätzlich auch nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses für den Gegner das Recht behält, ihren Kostenanspruch nachträglich in einem gesonderten weiteren Festsetzungsverfahren geltend zu machen.

3 III. Der Praxistipp

Das Gericht ist zur Aufforderung verpflichtet

Der Rechtspfleger ist nach Eingang eines Kostenausgleichungsantrags lediglich verpflichtet, die Gegenseite zur Geltendmachung ihrer Kosten aufzufordern (OLG Naumburg AGS 2008, 99).

Pflicht zur Kostenausgleichung nur bei Anträgen beider Parteien

Der Rechtspfleger muss eine Ausgleichung der Kosten beider Parteien aber nur vornehmen und einen einheitlichen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, wenn beide Parteien ihre Kosten zur Ausgleichung angemeldet haben (LG Bonn Rpfleger 1984, 33). Eine Verpflichtung zur Durchführung des Kostenausgleichungsverfahrens bei Verteilung der Kosten nach Quoten enthält die Bestimmung somit nicht. Liegt nach Fristablauf nur ein Antrag vor, erfolgt eine einseitige Kostenfestsetzung für die Partei, die ihre Kosten angemeldet hat.

Wann ist die Frist abgelaufen?

Die Aufforderung zur Einreichung der Kosten ist dem Gegner zuzustellen. Die Frist zur Einreichung läuft nach dem Gesetzeswortlaut eine Woche nach der Zustellung ab. Hat die zur Einreichung der Berechnung ihrer Kosten aufgeforderte Partei diese Frist verstreichen lassen, entscheidet der Rechtspfleger. Er ist nicht verpflichtet, diese Entscheidung abzuändern, wenn die Kostenanmeldung der säumigen Partei erst nach Absetzung der Entscheidung, aber vor ihrer Ausfertigung und Zustellung eingeht (OLG Hamm JurBüro 1996, 262 = Rpfleger 1996, 261; OLG Köln Rpfleger 1975, 66; LG Hannover Rpfleger 1989, 342; a.A. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 106 Rn 4). Nur dann führt § 106 ZPO zu der vom Gesetz angestrebten Beschleunigung und Vereinfachung des Kostenfestsetzungsverfahrens.

Getrennte Kostenausgleichung ermöglicht Quotenvorrecht

Der Klägerin stand ein Erstattungsanspruch in Höhe von 1/3 der Kosten gegen die Beklagte zu. Die Rechtsschutzversicherung der Klägerin des vorliegenden Verfahrens hatte die Anwaltskosten der Klägerin abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 EUR bereits gezahlt. Der Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen. Allerdings kann dieser Übergang gem. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG von dem Rechtsschutzversicherer nicht zum Nachteil der Klägerin als Versicherungsnehmerin geltend gemacht werden (Quotenvorrecht). Bei der getrennten Kostenausgleichung ergibt sich auch bei überwiegendem Unterliegen des rechtsschutzversicherten Mandanten ein quotenbevorrechtigter Erstattungsanspruch des Mandanten. Das bedeutet, dass die Klägerin in dem vom LG Frankfurt/M. entschiedenen Fall aus ihrem separat festgesetzten Erstattungsanspruch die Sel...

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