Vorangegangene Geschäftsgebühr ist im Mahnverfahren anzurechnen

Ist dem Mahnverfahren eine Geschäftstätigkeit des Anwalts vorausgegangen, so ist die dort entstandene Geschäftsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig, höchstens zu 0,75, auf die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens anzurechnen. Dies gilt sowohl für den Vertreter des Antragstellers, als auch für den Vertreter des Antragsgegners.

Beim Antragstellervertreter bereitet die Anrechnung in der Regel keine Probleme, da die Verfahrensgebühr im Mahnverfahren über der Anrechnungsgrenze der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV liegt.

Mahnverfahrensgebühr ist im streitigen Verfahren anzurechnen

Kommt es nach der außergerichtlichen Vertretung dann noch zu einem gerichtlichen Verfahren, ist die volle Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens im gerichtlichen Verfahren anzurechnen und nicht etwa nur der nach Anrechnung verbleibende Differenzbetrag (BGH AGS 2010, 621 = NJW 2011, 1368; OLG Hamm AGS 2014, 453 = RVGreport 2015, 101).

 

Beispiel: Mehrfache Anrechnung bei Antragstellervertreter

Der Anwalt macht für seinen Mandanten außergerichtlich eine Forderung i.H.v. 10.000,00 EUR geltend. Hiernach wird ein Mahnbescheid erwirkt, gegen den der Antragsgegner Widerspruch einlegt, sodass das streitige Verfahren folgt.

Außergerichtlich war eine 1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV aus 10.000,00 EUR angefallen.

Im Mahnverfahren ist eine 1,0-Verfahrensgebühr (Nr. 3305 VV) entstanden, auf die die Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig anzurechnen ist.

Im streitigen Verfahren ist eine 1,3-Verfahrengebühr (Nr. 3100 VV) angefallen, auf die wiederum die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens anzurechnen ist (Anm. zu Nr. 3305 VV), und zwar in voller Höhe und nicht nur in Höhe des verbleibenden Betrags nach Anrechnung.

 
I. Außergerichtliche Vertretung
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 745,40 EUR  
3. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   141,63 EUR
Gesamt 887,03 EUR
II. Mahnverfahren
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV   558,00 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. anzurechnen gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV,   – 362,70 EUR
  0,65 aus 10.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 215,30 EUR  
4. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   40,91 EUR
Gesamt 256,21 EUR
III. Rechtsstreit
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. anzurechnen gem. Anm. zu Nr. 3305 VV,   – 558,00 EUR
  1,0 aus 10.000,00 EUR    
3. 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   669,60 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 857,00 EUR  
5. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   162,83 EUR
Gesamt 1.019,83 EUR

Anrechnung kann für Antragsgegner begrenzt sein

Auch der Antragsgegner muss sich eine vorgerichtliche Geschäftsgebühr anrechnen lassen. Hier ergibt sich allerdings häufig das Problem, dass der anzurechnende hälftige Gebührensatz der Geschäftsgebühr über dem Gebührensatz der nachfolgenden Verfahrensgebühr liegt, nämlich in allen Fällen, in denen die Geschäftsgebühr über 1,0 liegt und damit der anzurechnende Gebührensatz mehr als 0,5 beträgt. Nach dem allgemeinen Grundsatz, dass ein Anwalt sich nicht mehr an Gebühren anrechnen lassen muss, als er erhalten hat, ist in diesem Fall die Anrechnung auf 0,5 beschränkt.

Nicht verbrauchte Anrechnung ist vorzutragen

Kommt es nach einer solchen beschränkten Anrechnung zu einer nachfolgenden gerichtlichen Tätigkeit, ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens anzurechnen ist, sondern auch noch der bisher nicht angerechnete Teil der Geschäftsgebühr. Dem Mandanten steht also quasi noch in Höhe des nicht angerechneten Teils der Geschäftsgebühr ein Guthaben zu, das dann im streitigen Verfahren anzurechnen ist.

Kommt die Anrechnung einer Geschäftsgebühr bei der ersten nachfolgenden Angelegenheit nicht voll zum Tragen, weil der Gebührensatz der ersten nachfolgenden Angelegenheit unterhalb der Hälfte des anzurechnenden Gebührensatzes liegt, so ist der nicht verbrauchte Anrechnungsbetrag auf eine anschließende weitere Angelegenheit anzurechnen, wenn die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Verfahrens auf die des weiteren Verfahrens ihrerseits anzurechnen ist (OLG Köln AGS 2009, 476 = NJW-Spezial 2009, 716).

 

Beispiel: Mehrfache Anrechnung bei Antragsgegnervertreter

Der Anwalt wehrt für seinen Mandanten außergerichtlich eine Forderung i.H.v. 10.000,00 EUR ab. Hiernach wird ein Mahnbescheid erwirkt, gegen den der Anwalt Widerspruch einlegt, sodass das streitige Verfahren folgt.

Außergerichtlich war eine 1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV aus 10.000,00 EUR angefallen.

Im Mahnverfahren ist eine 0,5-Verfahrensgebühr (Nr. 3307 VV) entstanden, auf die die Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig anzurechnen ist, hier allerdings nur zu 0,5.

Im streitigen Verfahren ist eine 1,3-Verfahrengebühr (Nr. 3100 VV) angefallen, auf die wiederum die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens anzurechnen ist (Anm. z...

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