Die zutreffende Lösung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Das Dilemma ist nämlich nur ein scheinbares. Tatsächlich besteht gar kein Konflikt zwischen diesen beiden Regelungen. Nach § 122 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ist der Anwalt nur gehindert, die gesetzliche Vergütung gegenüber seinem Mandanten geltend zu machen. Vereinbart der Anwalt mit seinem Mandanten jedoch, dass dieser ihm die Differenz zwischen den Pflicht- und den Wahlanwaltsgebühren zahlen soll, dann handelt es sich hierbei nicht mehr um die gesetzliche Vergütung, sondern um eine vereinbarte Vergütung. Mag die Höhe und auch die Berechnung der Vergütung die gleiche sein, ist die Grundlage jetzt jedoch eine andere. Die Höhe der Vergütung ergibt sich nämlich nicht mehr aus den gesetzlichen Vorschriften, sondern aus der vertraglichen Vereinbarung. Diese Differenzierung entspricht im Übrigen bereits schon lange der Auffassung der Rechtsprechung. So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass im Verfahren nach § 11 RVG nur gesetzliche Vergütungen festsetzbar sind. Die Rechtsprechung lehnt es hier – zu Recht – kategorisch ab, eine vereinbarte Vergütung festzusetzen, selbst wenn sie in gesetzlicher Höhe vereinbart worden ist. Legt man § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO so aus, dass nur der gesetzliche Vergütungsanspruch gesperrt ist, ergeben sich keine Probleme. Soweit der Anwalt mit dem Mandanten vereinbart, dass dieser die Differenz zwischen den PKH- und Wahlanwaltsbeträgen zahlt, ist die Vereinbarung nach § 3a Abs. 3 RVG wirksam und verbindlich. Der Anwalt kann diese Vergütung einfordern und wird durch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hieran nicht gehindert.

Der Mandant wird auch hinreichend geschützt. Zum einen bewahrt ihn § 3a Abs. 3 RVG davor, dass von ihm eine höhere als die gesetzliche Vergütung verlangt werden kann. Vergütungsvereinbarungen, die darüber hinausgehen, sind insgesamt nichtig und lösen keinen Vergütungsanspruch aus.

Wird der Mandant vom Anwalt fehlerhaft beraten, etwa dahingehend, dass er die Vereinbarung abschließen müsse, oder wird der Mandant unter Androhung der Mandatsniederlegung o.ä. zum Abschluss einer solchen Vereinbarung genötigt, dann ist dieses Problem nach allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen zu lösen, etwa durch eine Anfechtung oder Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen fehlerhafter oder unterlassener Beratung oder dadurch, dass man eine solche Vereinbarung bereits als sittenwidrig ansieht (siehe hierzu BGH NJW 2013, 1591; LG Karlsruhe MDR 1991, 548).

Eines weitergehenden Schutzes bedarf es nicht. Der Mandant ist nicht gezwungen, eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen. Ist dem Mandanten Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt und sein Anwalt beigeordnet worden, hat dieser keinen Anspruch darauf, dass eine weitergehende Vergütungsvereinbarung abgeschlossen wird. Diese ist nur auf rein freiwilliger Basis beider Vertragspartner möglich.

Dem Mandanten ist damit auch die Möglichkeit gegeben, mit seinem Anwalt eine Vereinbarung abzuschließen und ihm eine höhere Vergütung zuzusprechen, etwa weil er will, dass sein Anwalt genauso bezahlt wird wie der Gegenanwalt, damit sein Anwalt ebenso motiviert und engagiert auftritt wie der Gegner.

Nur mit dieser Auslegung ergibt das Nebeneinander des § 3a Abs. 3 RVG und des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Sinn.

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