Leitsatz

Die Entscheidung der Frage, welche Teile einer Akte zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit zu kopieren sind, hat grundsätzlich der Rechtsanwalt zu treffen.

AG Mettmann, Beschl. v. 29.4.2010 – 31 Ds-422 Js 739/09-194/09

I. Der Fall

Der Pflichtverteidiger hatte neben seinen Gebühren auch Kopiekosten geltend gemacht, die der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zum Teil abgesetzt hat. Die hiergegen erhobene Erinnerung hatte Erfolg.

II. Die Entscheidung

Nach § 46 RVG sind dem Rechtsanwalt Auslagen zu erstatten, es sein denn, sie waren nicht notwendig.

Kopiekosten sind von der Staatskasse grundsätzlich zu übernehmen

Zu den aus der Staatskasse zu zahlenden Auslagen gehören auch Aufwendungen, die durch die Herstellung und Überlassung von Dokumenten entstanden sind. Diese sind mit den in Nr. 7000 VV angegebenen Pauschalen zu vergüten, es sei denn, die Ablichtungen waren zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich.

Das Auswahlermessen liegt beim Rechtsanwalt

Die Beurteilung der Frage, was zur Bearbeitung der Sache, insbesondere auch zur Vermeidung von unnötigen Verzögerungen, sachgemäß ist, ist grundsätzlich dem Rechtsanwalt überlassen, denn er, nicht das Gericht, das nachträglich über die Berechnung oder Erstattbarkeit der Dokumentenpauschale zu entscheiden hat, ist für die anvertraute Führung der Rechtssache verantwortlich. Der Rechtsanwalt muss allerdings das ihm eingeräumte Ermessen auch ausüben und darf nicht kurzerhand die gesamte Behörden- und Gerichtsakte von einer juristisch nicht geschulten Kanzleikraft ablichten lassen (vgl. LG Waldshut-Tiengen, Beschl. v. 11.6.2003 – 4 Qs 28/03, m.w.Nachw.). Es greift der Grundsatz, dass im Zweifel von der Erforderlichkeit der Anfertigung der Kopien auszugehen ist (vgl. OLG Düsseldorf JurBüro 2002, 307).

Überprüfung nur auf offensichtlich fehlerhaftes Ermessen beschränkt

Soweit es um die Kopie von Bl. 9 bis 11 d.A. geht, sind seitens des Verteidigers triftige Gründe dafür vorgetragen worden, warum aus seiner Sicht die Herstellung der Ablichtungen erforderlich war. Diese Entscheidung ist als vom Ermessen des Verteidigers gedeckt zu betrachten, zumal eine Nachprüfung durch Außenstehende sich ohnehin darauf zu beschränken hat, ob die Entscheidung des Verteidigers offensichtlich fehlerhaft getroffen wurde (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O. m.w.Nachw.). Dass die in Rede stehenden Ablichtungen offensichtlich unnötig und überflüssig waren, vermag in Ansehung der vom Verteidiger vorgebrachten Gründe nicht festgestellt zu werden.

Kosten für BZR und VZR sind notwendig

Der Verteidiger kann schließlich auch die Kopien des Bundeszentralregisterauszugs und des Verkehrszentralregisterauszugs verlangen.

III. Der Praxistipp

Darlegungs- und Beweislast für fehlende Notwendigkeit liegen bei der Staatskasse

Nach § 46 RVG muss nicht der Anwalt die Notwendigkeit beweisen, sondern die Staatskasse die fehlende Notwendigkeit. Dabei ist dem Anwalt ein großzügiger Spielraum einzuräumen. U.U. kann es auch erforderlich sein, Zustellungsurkunden zu kopieren, nämlich dann, wenn es um Fragen der Verjährung gehen kann. Auch das Kopieren eigener zur Akte gereichter Schriftsätze kann geboten sein, nämlich dann, wenn sich darauf handschriftliche Bemerkungen des Staatsanwalts oder Richters befinden.

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