Eine oder zwei Angelegenheiten?

Regelmäßig zu Streitigkeiten führt der Fall, dass der Anwalt von mehreren Auftraggebern beauftragt wird, die jeweils eigene Schadensersatzansprüche geltend machen.

Es stellt sich dann die Frage, ob eine Angelegenheit vorliegt oder mehrere Angelegenheiten abzurechnen sind.

Es kommt auf den Auftrag an

Wie hier richtig abzurechnen ist, hängt davon ab, welcher Auftrag erteilt worden ist.

 

Beispiel: Außergerichtliche Vertretung – Mittelgebühr, mehrere Auftraggeber, verschiedene Gegenstände

Der Anwalt wird von zwei Geschädigten mit der außergerichtlichen Regulierung eines Verkehrsunfalls beauftragt, und zwar Sachschaden Eigentümer: 3.000,00 EUR; Schmerzensgeld Fahrer: 2.000,00 EUR). Die Sache ist durchschnittlich, aber umfangreich.

Bei gemeinschaftlichem Auftrag nur eine Angelegenheit

Haben die Geschädigten dem Anwalt einen gemeinschaftlichen Auftrag erteilt, dann kann auch nur eine Angelegenheit abgerechnet werden. Eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV tritt dann nicht ein. Vielmehr werden die jeweiligen Schadenspositionen der verschiedenen Auftraggeber addiert.

 
Praxis-Beispiel

a) Gesamtabrechnung

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG   454,50 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 474,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   90,16 EUR
Gesamt   564,65 EUR

Bei getrennten Aufträgen gesonderte Abrechnung

Werden dagegen – wie in aller Regel – gesonderte Aufträge erteilt, ist auch gesondert abzurechnen. Es liegen dann mehrere Angelegenheiten vor.

 
Praxis-Beispiel

b) Getrennte Abrechnung

 
I. Abrechnung gegenüber dem Halter    
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG   301,50 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 321,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   61,09 EUR
Gesamt   382,59 EUR
 
II. Abrechnung gegenüber dem Fahrer
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG   225,00 EUR
  (Wert: 2.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 245,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   46,55 EUR
Gesamt   291,55 EUR
Gesamt I. + II.   674,14 EUR

Einhellige Rechtsprechung

Dies entspricht der einhelligen Rechtsprechung.

 

Getrennte Vertretung mehrerer Geschädigter aus demselben Verkehrsunfall

Die anwaltliche Vertretung zweier Geschädigter eines Verkehrsunfalls stellt keine einheitliche Angelegenheit dar, wenn der Rechtsanwalt von beiden Geschädigten getrennt mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragt wird, die Mandate unter zwei verschiedenen Aktenzeichen geführt werden und die Korrespondenz mit der gegnerischen Versicherung in getrennten Briefen erfolgt.

AG Hannover, Urt. v. 29.8.2011 – 526 C 3807/11, SVR 2011, 458

 

Rechtsanwaltsgebührenanspruch bei Vertretung mehrerer Geschädigter

1. Vertritt der Anwalt mehrere aus demselben Verkehrsunfall Geschädigte, die jeweils eigene Schadensersatzansprüche geltend machen, so sind verschiedene Angelegenheiten gegeben, sodass der Anwalt seine Gebühren jeweils gesondert aus den Werten der einzelnen Schadensersatzansprüche abrechnen kann.

2. Die Geschädigten sind nicht verpflichtet, den Anwalt gemeinsam zu beauftragen.

AG Mülheim, Urt. v. 3.5.2012 – 23 C 1958/11, AGS 2012, 375 = NJW-Spezial 2012 507

 

Kostenerstattung bei Schadensregulierung für mehrere Auftraggeber

Die Anwaltsbeauftragung nach einem Kfz-Unfall durch den Fahrzeughalter für die Regulierung des Sachschadens und die Beauftragung durch den Unfallverletzten hinsichtlich der erlittenen Verletzungen stellt keine einheitlich abzurechnende Angelegenheit dar. Die Beauftragung des Rechtsanwalts erfolgt zwar aufgrund eines einheitlichen Lebenssachverhalts, allerdings durch zwei verschiedene Auftraggeber wegen unterschiedlicher Schäden. Die beiden Mandate betreffen nicht dieselbe Angelegenheit i.S.v. § 7 RVG.

AG Landshut, Urt. v. 24.9.2014 – 10 C 1002/14, AGS 2015, 542

Vertretung von Eheleuten

Diese Grundsätze gelten auch bei getrennter Vertretung von Eheleuten.

 

Getrennte Schadensregulierung für Eheleute

1. Macht der Anwalt aus einem Verkehrsunfall für den Ehemann dessen Schadensersatzansprüche hinsichtlich des Sachschadens geltend und für die Ehefrau deren Ansprüche auf Ersatz des Personenschadens, liegen zwei verschiedene Angelegenheiten vor, wenn diese gesonderte Aufträge erteilt haben.

2. Der gegnerische Haftpflichtversicherer ist verpflichtet, diese Kosten des getrennten Vorgehens zu erstatten.

LG Passau, Urt. v. 29.4.2015 – 3 S 101/14, NJW-Spezial 2015, 509 = NJW-RR 2015, 1216 = NZV 2016, 38

 

Mehrere Angelegenheiten bei Schadensregulierung für mehrere Geschädigte

1. Vertritt der Anwalt mehrere aus demselben Verkehrsunfall Geschädigte, die jeweils eigene Schadensersatzansprüche geltend machen, so sind verschiedene Angelegenheiten gegeben, sodass der Anwalt seine Gebühren jeweils gesondert aus den Werten der einzelnen Schadensersatzansprüche abrechnen kann.

2. Die Geschädigten sind nicht verpflichtet, den Anwalt gemeinsam zu beauftragen.

AG Passau, Ur...

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