Gebühr kann mehrfach entstehen

Da der Verteidiger in jeder Angelegenheit seine Gebühren und Auslagen gesondert erhält, kann er die Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV in verschiedenen Angelegenheiten auch mehrmals verdienen.

 

Beispiel: Mehrmalige Einstellung in verschiedenen Verfahrensabschnitten

Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wird mangels Tatverdacht nach § 170 Abs. 2 StPO auf Betreiben des Verteidigers eingestellt. Auf die Beschwerde des Anzeigenerstatters werden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Es wird Anklage erhoben. Außerhalb der Hauptverhandlung erreicht der Verteidiger eine Einstellung nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße, die auch geleistet wird, sodass das Verfahren endgültig eingestellt wird.

Fortsetzung des Verfahrens ist unerheblich

Zunächst hat der Anwalt im vorbereitenden Verfahren die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV verdient, da die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO keine vorläufige Einstellung ist. Dass das Verfahren später wieder aufgenommen wurde, ist unerheblich.

 
Hinweis

Wird unter Mitwirkung des Verteidigers das Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und ist dadurch eine zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 VV entstanden, so fällt diese nicht wieder weg, wenn die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder aufnimmt.

AG Tiergarten, Beschl. v. 26.2.2014 – (257 Ds) 261 Js 2796/12 (54/13), 257 Ds 54/13, AGS 2014, 273 = zfs 2014, 290 = RVGreport 2014, 232 = NJW-Spezial 2014, 381 = RVGprof. 2014, 156

 

Zusätzliche Gebühr bei Einstellung trotz anschließender Fortsetzung des Verfahrens

1. Stellt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO erkennbar mit dem Ziel der endgültigen Erledigung ein, wird die Hauptverhandlung infolge dieses Verfahrensablaufs (zunächst) entbehrlich, was für den Anfall der Befriedungsgebühr gem. Nr. 4141 VV ausreichend ist.

2. Wenn anschließend das Verfahren auf Beschwerde des Anzeigenerstatters hin wieder aufgenommen und Anklage erhoben wird, hat dies auf die bereits entstandene Zusatzgebühr keinen Einfluss.

AG Erding, Beschl. v. 31.5.2016 – 7 Ds 310 Js 18243/14, AGS 2017, 180 = StraFo 2016, 436

Zu rechnen ist wie folgt:

 
Praxis-Beispiel
 
I. Vorbereitendes Verfahren  
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   200,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   165,00 EUR
3. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4106 VV   165,00 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 550,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   104,50 EUR
Gesamt   654,50 EUR

Im gerichtlichen Verfahren ist die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV durch die Einstellung nach § 153a StPO erneut ausgelöst worden. Die Vorschrift des § 15 Abs. 2 RVG steht jetzt dem erneuten Anfall dieser Gebühr nicht entgegen, da es sich bei vorbereitendem Verfahren und gerichtlichem Verfahren um zwei verschiedene Angelegenheiten handelt, wie in § 17 Nr. 10 RVG ausdrücklich klargestellt worden ist.

Zu rechnen ist hier wie folgt:

 
Praxis-Beispiel
 
II. Verfahren vor dem Amtsgericht  
1. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV   165,00 EUR
2. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4106 VV   165,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 350,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   66,50 EUR
Gesamt   416,50 EUR

Ebenso verhält es sich, wenn nach einer Einstellung im vorbereitenden Verfahren die Sache wieder aufgenommen und angeklagt wird, das Gericht jedoch die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnt. Dann entsteht die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 4141 VV

 
Hinweis

Sofern zunächst im vorbereitenden Verfahren eine – nicht nur vorläufige Einstellung – nach § 170 Abs. 2 StPO und nach Wiederaufnahme im gerichtlichen Verfahren ein Beschluss über die Nichteröffnung des Hauptverfahrens jeweils unter Mitwirkung des Verteidigers herbeigeführt und dadurch eine Hauptverhandlung vermieden wird, erhält der Verteidiger in demselben Verfahren insgesamt zwei Gebühren nach § 84 Abs. 2 BRAGO [jetzt Nr. 4141 VV].

LG Offenburg, Beschl. v. 13.10.1998 – Qs 62/98 JurBüro 1999, 82 = Rpfleger 1999, 38

Gebühr kann sogar drei Mal anfallen

Denkbar ist sogar, dass die Zusätzliche Gebühr ein drittes Mal anfällt, nämlich dann, wenn auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft das Beschwerdegericht das Hauptverfahren eröffnet und die Sache sich dann im Berufungsverfahren durch Einstellung oder Berufungsrücknahme erledigt.

 

Mehrfacher Anfall der Zusätzlichen Gebühr

1. Die Zusätzliche Gebühr kann in jedem Verfahrensstadium erneut entstehen.

2. Wird das Ermittlungsverfahren mangels Tatverdacht eingestellt und auf die Beschwerde des Anzeigenerstatters wieder aufgenommen, bleibt die Zusätzliche Gebühr bestehen.

3. Wird die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, so bleibt auch hier die Zusätzliche Gebühr bestehen, wenn auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft hin das Hauptverfahren doch eröffnet wird.

OLG Köln, Beschl. v. 18.10.2017 – III-2 Ws 673/17, AGS 2018, 12 = zfs 2018, 43 = StraFo 2018, 43 = JurB...

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