Fiktive Terminsgebühr auch hier möglich

Auch in Scheidungsverbundverfahren ist eine fiktive Terminsgebühr möglich. Es gilt hier § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 1 ZPO.

So kann durchaus auch über die Ehesache selbst im schriftlichen Verfahren entschieden werden. Das FamFG sieht nur die persönliche Anhörung der Ehegatten vor, nicht aber zwingend die mündliche Verhandlung. Von ihr kann unter den Voraussetzungen des § 128 Abs. 2 ZPO Abstand genommen werden (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG).

 
Hinweis

Im Verbundverfahren "Ehescheidung und Versorgungsausgleich" ist gleichzeitig und zusammen zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden, sodass die Terminsgebühr aus dem Gesamtstreitwert gem. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV auch dann anfällt, wenn gem. § 128 Abs. 2 ZPO im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.

OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.10.2008 – 8 WF 169/08, AGS 2008, 594 = FamRZ 2009, 145

 

Beispiel

Das Scheidungsverfahren ist vor dem AG Kiel anhängig. Nach Rechtshängigkeit ist der Ehemann nach München verzogen und die Ehefrau nach Saarbrücken. Das AG Kiel lässt beide Ehegatten im Wege der Rechtshilfe vor dem jeweiligen Wohnsitzgericht anhören. Nach Rückkehr der Akten entscheidet das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. Die Werte werden wie folgt festgesetzt: Ehesache 12.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 3.600,00 EUR.

Neben der Verfahrensgebühr entsteht gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auch die Terminsgebühr aus dem Wert der Ehesache und der Folgesache.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    845,00 EUR
  (Wert: 15.600,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV    780,00 EUR
  (Wert: 15.600,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.645,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   312,55 EUR
Gesamt 1.957,55 EUR

Fiktive Terminsgebühr nach Teilanerkenntnisbeschluss

Ebenso kommt die fiktive Terminsgebühr in Betracht, wenn im Rahmen einer Folgesache ein Anerkenntnisbeschluss ohne mündliche Verhandlung ergeht. Diese Variante wird allerdings selten in Betracht kommen, da im Verbundverfahren über Ehe- und Folgesachen einheitlich zu entscheiden ist. Sie kommt aber insbesondere dann in Betracht, wenn auch im Scheidungsverbundverfahren Teilbeschlüsse möglich sind.

 

Beispiel

In dem Scheidungsverfahren (Werte: Ehesache 9.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 1.800,00 EUR) wird ein Stufenantrag zum Zugewinn gestellt. Die Antragsgegnerin erkennt daraufhin den Auskunftsanspruch an, sodass ein Teilanerkenntnisbeschluss im schriftlichen Verfahren ergeht. Hiernach erteilt der Antragsgegner die Auskünfte, woraufhin der Leistungsantrag zurückgenommen wird. Die Werte für den Stufenantrag werden ausgehend von den Erwartungen des Antragstellers bei Antragseinreichung wie folgt festgesetzt:

 
Auskunft: 2.000,00 EUR
Leistungsanspruch: 10.000,00 EUR

Anschließend wird über die Ehesache und den Versorgungsausgleich verhandelt und entschieden.

Die Verfahrensgebühr bemisst sich nach der Summe sämtlicher Gegenstände, wobei für den Stufenantrag nur der höhere Wert des Leistungsantrags gilt (§ 38 FamFG). Die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV ist nur aus dem Wert von Ehesache und Versorgungsausgleich entstanden, da nur hierüber verhandelt worden ist. Darüber hinaus ist die 1,2-Terminsgebühr aber auch aus dem Wert der Auskunftsstufe nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entstanden.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   964,60 EUR
  (Wert: 20.800,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV    724,80 EUR
  (Wert: 12.800,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.709,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   324,79 EUR
Gesamt 2.034,19 EUR

Fiktive Terminsgebühr nach Abtrennung

Auch nach einer Abtrennung kann die fiktive Terminsgebühr anfallen, sofern sie nicht schon vor der Abtrennung entstanden ist.

 

Beispiel

Im Scheidungsverfahren (Werte: Ehesache 12.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 3.600,00 EUR) wird der Zugewinnausgleich (Wert: 20.000,00 EUR) vor der mündlichen Verhandlung abgetrennt. Hiernach wird Termin zur Scheidung anberaumt und dort über Scheidung und Versorgungsausgleich entschieden. Im abgetrennten Verfahren über den Zugewinn wird im Einverständnis der Beteiligten gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Sowohl die Verfahrensgebühr als auch die Terminsgebühr entstehen aus dem Gesamtwert i.H.v. 35.600,00 EUR. Aus dem Wert von Ehesache und Versorgungsausgleich entsteht die Terminsgebühr durch den gerichtlichen Termin (Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV). Aus dem Wert des Zugewinnausgleichs entsteht die Terminsgebühr gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV durch die Entscheidung im schriftlichen Verfahren.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.316,90 EUR
  (Wert: 35.600,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV    1.215,60 EUR
  (Wert: 35.600,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.552,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   4...

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