Hebegebühr ist grundsätzlich nicht erstattungsfähig

Nach überwiegender Rspr. ist die Hebegebühr, die anfällt, wenn der Rechtsanwalt Zahlungen des Schuldners einzieht, nicht erstattungsfähig, sei es außergerichtlich, aufgrund eines Urteils oder aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs. Nur in besonderen Fällen wird die Erstattungsfähigkeit bejaht, etwa bei umfangreichen Teilzahlungen, deren Verbuchung der Anwalt nach den §§ 366, 367 BGB überwachen muss. Entgegen den Bedürfnissen der Praxis ist die Rspr. hier viel zu restriktiv (siehe ausführlich AnwK-RVG/N. Schneider, 5. Aufl. 2010, Nr. 1009 Rn 66 ff.).

Erstattungspflicht bei unaufgeforderter Zahlung an Anwalt

Anders liegt der Fall dagegen, wenn der Schuldner unaufgefordert an den Rechtsanwalt zahlt. In diesem Fall wird die Erstattungsfähigkeit bejaht. Ungeachtet der Einschaltung eines Rechtsanwalts bleibt dessen Auftraggeber Gläubiger und damit Forderungsberechtigter. Die Forderung ist daher nach wie vor an den Auftraggeber als Gläubiger zu zahlen und nicht an dessen Rechtsanwalt. Missachtet ein Schuldner dies und zahlt er an den Rechtsanwalt, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, dann löst er beim Rechtsanwalt zwingend eine Hebegebühr nach Nr. 1009 VV aus, da der Anwalt das Geld nicht behalten darf, sondern an seinen Mandanten weiterleiten muss. Diese Hebegebühr ist dann auch erstattungsfähig, weil der Gläubiger gar keine Möglichkeit hatte, sie zu verhindern.

Keine Erstattungspflicht, wenn zur Zahlung an den Anwalt aufgefordert wird

Abgelehnt wird die Erstattungspflicht dagegen, wenn der Gläubiger oder der Rechtsanwalt den Schuldner aufgefordert hatte, auf ein Konto des Rechtsanwalts zu zahlen. In diesem Fall hat es sich der Gläubiger selbst zuzuschreiben, wenn dadurch die Hebegebühr anfällt. Sie ist dann in der Regel nicht erstattungsfähig.

 
Hinweis

Fremdgeldzahlungen grundsätzlich nicht über Anwaltskonto abwickeln

Da das Einziehen und Weiterleiten von Fremdgeldern beim Anwalt Kosten verursacht (Bankgebühren, Personalkosten, Steuerberaterkosten etc.), sollte grundsätzlich davon Abstand genommen werden, in einem Aufforderungsschreiben den Schuldner dazu aufzufordern, den geschuldeten Betrag an den Anwalt zu leisten. Gläubiger ist und bleibt der Mandant. Diesem steht das Geld zu, nicht dem Anwalt. Zahlt ein Schuldner dann ungeachtet dessen an den Rechtsanwalt, dann sind die dabei anfallenden Hebegebühren zu erstatten.

Hebegebühr ist festsetzungsfähig

Wird aufgrund eines Urteils oder Vergleichs an den Rechtsanwalt gezahlt, ohne dass er dazu aufgefordert hat, kann die Hebegebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer auch gegen den Schuldner festgesetzt werden. Zuständig ist in diesem Fall das Prozessgericht.

Wird nach Beginn einer Vollstreckungsmaßnahme – dazu gehört bereits die Vollstreckungsandrohung – an den Anwalt gezahlt, dann ist nach § 788 ZPO festzusetzen. Zuständig ist dann das Vollstreckungsgericht, und zwar das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt worden ist.

 

Rechtsprechungsübersicht

 
Die Hebegebühr ist nur in besonderen Fällen zu erstatten. Zu ihnen zählt, dass der Beklagte, ohne dazu aufgefordert zu sein, die Urteilssumme an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zahlt. OLG Frankfurt RuS 1981, 157 = JurBüro 1981, 1181 = MDR 1981, 856 = zfs 1981, 337 = Rpfleger 1981, 367
1. Zahlt der nur teilweise verurteilte Beklagte die Urteilssumme an den Prozessbevollmächtigten des Klägers, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, muss er die Hebegebühr ungequotelt erstatten.
2. Die Festsetzung dieser Kosten erfolgt in dem Festsetzungsverfahren des Prozessgerichts.
Düsseldorf AnwBl 1980, 264 = VersR 1980, 682
1. Die Geltendmachung der Hebegebühr im Kostenfestsetzungsverfahren ist zulässig.
2. Die Hebegebühren sind als notwendige Kosten erstattungsfähig, wenn der verurteilte Beklagte, ohne dazu aufgefordert zu sein, an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zahlt.
OLG Schleswig zfs 1989, 162 = AnwBl 1989, 169
Die Hebegebühr ist erstattungsfähig, wenn eine Partei den geschuldeten Betrag unaufgefordert an den Prozessbevollmächtigten der anderen Partei zahlt und dadurch dessen Mitwirkung an der Weiterleitung des Betrages selbst veranlasst.
Schleswig SchlHA 1985, 164 = JurBüro 1985, 394
Bei Zahlung der Urteilssumme an den Prozessbevollmächtigten ohne entsprechende Aufforderung fällt eine Hebegebühr an.
LG Hagen AnwBl 1982, 541 = zfs 1982, 333 = RuS 1983, 5
Überweist einer von mehreren als Gesamtschuldner verurteilten Beklagten den Urteilsbetrag auf ein Konto des Prozessbevollmächtigten des Klägers, ohne von diesem hierzu aufgefordert worden zu sein, so ist die angefallene Hebegebühr erstattungsfähig und aufgrund der im Erkenntnisverfahren ergangenen Kostenentscheidung gegen sämtliche Beklagten festzusetzen.
KG RVGreport 2004, 399
Die Hebegebühr ist zu erstatten, wenn ein Beklagter an den Prozessbevollmächtigten des Klägers den geschuldeten Betrag zahlt, ohne dass insoweit eine Aufforderung vorlag.
AG Gronau AGS 2000, 211 = DAR 2001, 94
Hebegebühren s...

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