Problem: Mehrwertvergleich im Verbund

Probleme bereitet die Festsetzung des Werts für eine Kindschaftssache, wenn die Eheleute im Verbundverfahren eine nicht anhängige Kindschaftssache lediglich in einen Folgenvergleich einbeziehen, ohne dass sie vorher anhängig gemacht worden ist. Gilt dann auch der Wert nach § 44 Abs. 2 FamGKG, weil die Kindschaftssache im Verbundverfahren mit geregelt wird, oder gilt hier der Wert für isolierte Verfahren?

Soweit der Wert der Ehesache 15.000,00 EUR beträgt oder darüber hinausgeht, ergibt sich kein Unterschied. Nach § 45 Abs. 1 FamGKG wäre unabhängig vom Wert der Ehesache von einem Regelwert i.H.v. 3.000,00 EUR auszugehen. Nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG wären 20 % der Ehesache anzusetzen, also bei 15.000,00 EUR ebenfalls 3.000,00 EUR. Ein höherer Wert der Ehesache wäre unerheblich, da der Regelwert nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG auch dann auf 3.000,00 EUR begrenzt bleibt.

Unterschiede ergeben sich dagegen, wenn der Wert der Ehesache unter 15.000,00 EUR liegt.

 

Beispiel

Im Scheidungsverbundverfahren (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR) schließen die Eheleute eine Scheidungsfolgenvereinbarung zum Umgangsrecht, die vom Gericht gebilligt wird.

Stellt man für den Vergleich auf die Bewertung nach § 44 Abs. 2 FamGKG ab, ergibt sich ein Betrag i.H.v. 20 % aus 3.000,00 EUR = 600,00 EUR. Stellt man dagegen auf die Vorschrift des § 45 FamGKG ab, ergibt sich ein Regelwert von 3.000,00 EUR.

Regelwert nach § 45 FamGKG maßgebend

Zutreffender Weise ist vom Regelwert des § 45 Abs. 1 FamGKG auszugehen. Die Sondervorschrift des § 44 Abs. 2 FamGKG gilt nur für die Fälle, in denen das Umgangsrecht Folgesache i.S.d. § 137 FamFG geworden ist. Zu einer Folgesache wird eine Kindschaftssache aber nur dadurch, dass ein Antrag auf Durchführung des Verfahrens im Verbund gestellt wird (§ 137 Abs. 3 FamFG). Das ist aber wiederum nicht der Fall, wenn die Beteiligten lediglich eine Einigung über eine nicht anhängige Kindschaftssache treffen. Dass ein Gegenstand auch durch Abschluss einer Einigung zur Folgesache wird, sieht das FamFG dagegen nicht vor.

 
Hinweis

Wird im Scheidungsverbundverfahren ein Folgenvergleich über Kindschaftssachen geschlossen, ohne dass diese als Folgesache anhängig waren, so ist vom Regelwert gem. § 45 FamGKG auszugehen.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.8.2015 – 16 WF 161/15, AGS 2015, 456 = NJW-Spezial 2015, 669 = NZFam 2015, 1021

Es besteht auch kein sachlicher Grund, die Folgenvereinbarung über Kindschaftssachen der geringen Bewertung nach § 44 Abs. 2 FamGKG zu unterwerfen. In der Regel geht einer Folgenvereinbarung eine außergerichtliche Tätigkeit voraus, für die aber unstreitig nur § 45 Abs. 1 FamGKG gelten kann, da es keinen außergerichtlichen "Vertretungsverbund" gibt. Es wäre daher ein seltsames Ergebnis, wenn die außergerichtliche Tätigkeit nach § 45 FamGKG bewertet wird, das Ergebnis der Tätigkeit, das dann in einer Scheidungsfolgenvereinbarung endet, aber nur einen geringeren Wert hätte.

Im vorangegangenen Beispiel ist daher der Wert des Verfahrens auf 7.200,00 EUR festzusetzen. Für den Mehrwert des Vergleichs gilt § 45 Abs. 2 FamGKG und nicht etwa § 44 Abs. 2 FamGKG. Der Vergleich hat somit einen Mehrwert von 3.000,00 EUR.

Abzurechnen ist daher wie folgt:

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   592,80 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 VV   160,80 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
  die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG,    
  (785,30 EUR), ist nicht überschritten    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   724,80 EUR
  (Wert: 10.200,00 EUR)    
4. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV   301,50 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.799,90 EUR
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   341,98 EUR
Gesamt 2.141,88 EUR

AGKompakt 4/2020, S. 33 - 34

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