Leitsatz

1. Ist der Kläger, der die Räumung eines Miet- oder Pachtobjekts verlangt, zugleich Eigentümer, richtet sich der Streitwert nach dem Jahresnutzungswert, unabhängig von der streitigen Zeit.

2. Die auf die Miete erhobene Umsatzsteuer ist bei der Streitwertfestsetzung nach § 41 Abs. 1 S. 1 GKG mitzuberechnen.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23. 9. 2010 – I-24 W 68/10

1 I. Der Fall

Die Klägerin hatte der Beklagten Geschäftsräume verpachtet, deren Eigentümerin sie war. Der monatliche Pachtzins belief sich auf 1.700,00 EUR zuzüglich 250,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung nebst gesetzlicher Umsatzsteuer, insgesamt 2.320,50 EUR. Im Räumungsrechtsstreit setze das LG den Streitwert auf 19.720,00 EUR fest. Dabei legte es nur die Nettomiete zuzüglich 16 % Umsatzsteuer zugrunde und ging lediglich von zehn Monaten aus, weil dies die streitige Zeit i.S.d. § 41 Abs. 1 S. 1 GKG gewesen war. Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.

2 II. Die Entscheidung

Streitige Zeit gilt nur, wenn Räumung ausschließlich auf Vertrag gestützt wird

Zwar sieht § 41 Abs. 1 S. 1 GKG vor, dass nur das Nutzungsentgelt der "streitigen Zeit" anzusetzen ist, wenn diese geringer als ein Jahr ist, also wenn zwischen dem vom Vermieter/Verpächter verlangten Herausgabezeitpunkt und dem vom Mieter/Pächter zugestandenen Räumungszeitpunkt weniger als zwölf Monate liegen. Diese Regelung gilt aber nur dann, wenn der Räumungsanspruch ausschließlich auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses gestützt wird. Wird der Räumungs- und Herausgabeanspruch dagegen auch auf einen anderen Rechtsgrund gestützt, insbesondere – wie hier – auf Eigentum, gilt § 41 Abs. 2 GKG. Maßgebend ist dann immer der volle Jahresbetrag.

Unerheblich ist, auf welche Anspruchsgrundlage sich der Kläger beruft

Unerheblich ist insoweit, auf welche Anspruchsgrundlage sich die Klägerin beruft, da das Gericht nicht an die Rechtsauffassungen und die herangezogenen Anspruchsgrundlagen der Parteien gebunden ist, sondern nur an die vorgetragenen Tatsachen.

Umsatzsteuer ist zu berücksichtigen

Darüber hinaus war auch die Umsatzsteuer zu berücksichtigten. Die Formulierung "Netto-Entgelt" in § 41 Abs. 1 S. 2 GKG ist nicht im steuerrechtlichen Sinne gemeint, sondern im mietrechtlichen Sinne. Unter Netto-Grund-Entgelt ist dabei die sog. Kaltmiete zu verstehen, also die Miete ohne Betriebskostenvorauszahlungen. Die auf die Miete zu zahlende Umsatzsteuer ist dagegen ein unselbstständiger Bestandteil der Kaltmiete, die auch keiner Abrechnung unterliegt, so dass die Umsatzsteuer beim Jahresnutzungswert mit zu berücksichtigen ist.

Fehlerhaft war das LG allerdings von dem bei Abschluss des Vertrages geltenden Umsatzsteuersatz von 16 % ausgegangen. Geschuldet war nach dem Vertrag die "gesetzliche Umsatzsteuer". Damit waren 19 % Umsatzsteuer zugrunde zu legen, so dass sich eine Monatsmiete in Höhe von 2.023,00 EUR ergab und folglich eine Jahresmiete in Höhe von 24.276,00 EUR.

Entscheidung entspricht einhelliger Auffassung

Die Entscheidung ist zutreffend und entspricht auch der ganz einhelligen Rspr.

Ist der Vermieter/Verpächter zugleich Eigentümer, ist unabhängig von der streitigen Zeit auf den vollen Jahresnutzungswert abzustellen (so auch KG AGS 2011, 90 = MDR 2011, 287 = ZfIR 2011, 37 = MietRB 2011, 15 = NJW-Spezial 2010, 765; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. 2007, Rn 3535 m. w. Nachw.).

Die Umsatzsteuer ist Bestandteil der Kaltmiete bzw. -pacht und für die Berechnung des Räumungsstreitwerts daher heranzuziehen (OLG Stuttgart AGS 2009, 46 = MietRB 2009, 132 = OLGR 2008, 930 = NZM 2009, 320 = NJW-Spezial 2008, 764; OLG Düsseldorf AGS 2006, 354 = MDR 2006, 1079 = OLGR 2006, 665; Schneider/Herget, Rn 3542 m. w. Nachw.).

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